Hauptsitz von Puma in Herzogenaurach

Stichtag

27. Oktober 1974 - Tod von "Puma"-Gründer Rudolf Dassler

Ein stehender, kampfbereiter Löwe und ein Streifen zieren das mittelalterliche Wappen von Herzogenaurach. Passender wären drei Streifen und ein Puma, die Markensymbole der zwei Unternehmen, denen die fränkische Provinzstadt Ruhm und Wohlstand verdankt: Adidas und Puma, weltbekannt für Trend-Sportschuhe und harte Konkurrenten auf dem globalen Sportartikelmarkt.

Befeuert wird die Rivalität der links und rechts der Aurach beheimateten Firmen durch die persönliche Feindschaft ihrer Gründer Adolf und Rudolf Dassler. Der Schuhkrieg, den die Brüder über Jahrzehnte austragen, teilt die Familie und den Ort in unversöhnliche Lager. Als Puma-Gründer Rudolf Dassler am 27. Oktober 1974 stirbt, lässt die Adidas-Familie von Bruder Adolf lapidar mitteilen: "Aus Gründen der Pietät kein Kommentar."

Als Gestapo-Spitzel gemobbt

Einträchtig legen der stille Tüftler Adi und der clevere Geschäftsmann Rudolf 50 Jahre zuvor den Grundstock zu ihrem späteren Welterfolg. 1924 gründen sie in Herzogenaurach die "Gebrüder Dassler Schuhfabrik". Ihre ersten Entwicklungen sind Fußballschuhe mit auswechselbaren Stollen und Sprintschuhe mit Spikes. Pünktlich zu Adolf Hitlers Machtergreifung treten beide 1933 umsatzfördernd die NSDAP ein. Ihre schnellen Spikes aber bieten sie bei den Olympischen Spielen in Berlin dem schwarzen US-Sprinter Jesse Owens an. So läuft zu Hitlers Zorn ausgerechnet der schwarze Topathlet aus Amerika in Dassler-Schuhen zu vier Goldmedaillen.

Der 1898 geborene und zwei Jahre ältere Rudolf verbringt die letzten Kriegsjahre als Soldat. Sein Bruder montiert derweil statt Schuhen Panzerabwehrwaffen. Noch im April 1945 wird Rudolf von der Gestapo verhaftet, von den Amerikanern befreit und ein Jahr lang interniert. Dort, so berichtet sein Enkel Jörg Dassler, "hat ihm jemand erzählt, dass er denunziert worden wäre, aus nächster Nähe." Rudolfs Verdacht fällt auf Bruder Adi, "weil er die Firma für sich haben wollte." Bei seiner Rückkehr 1946 wird Rudolf von Adis Familie als Gestapo-Spitzel verdächtigt. Er kann die Vorwürfe entkräften, doch das Klima zwischen den beiden Dasslers ist endgültig vergiftet.

Folgenreiche Fehlentscheidung

Die Brüder teilen 1948 ihren Besitz auf, Rudolf Dassler gründet Puma und Adi aus der Rumpffirma Adidas. Vor der Fußball-WM 1954 verspielt ausgerechnet der Marketing-Experte Rudolf die zukunftsweisende Chance im Wettlauf mit Adidas. Bundestrainer Sepp Herberger will außer Schuhen auch finanzielle Unterstützung von Puma. Rudolf lehnt ab und Deutschland wird in den Schuhen des verhassten Bruders Weltmeister. Das "Wunder von Bern" bringt Adidas den entscheidenden Imagegewinn, den Puma zu Lebzeiten von Rudolf Dassler nicht mehr aufholen kann.

Adolf "Adi" Dassler stirbt 1978, aber die Firmenfehde setzt sich in der nächsten Generation fort. So läuft der von beiden umworbene deutsche 100-Meter-Weltrekordler Armin Hary 1960 in Puma zu Olympia-Gold, zur Siegerehrung tritt er in Adidas an. Als Rudolfs Sohn Armin den eigentlich zum Tabu erklärten brasilianischen Fußballstar Pelè für Puma anwirbt, ist das Tischtuch zwischen ihm und Adolfs Sohn Horst zerschnitten. Nach dem Tod der Gründersöhne wandeln sich beide Familienunternehmen zu börsennotierten Global Playern. In Herzogenaurach aber kehrt erst 2009 Frieden ein, als die Mitarbeiter beider Konzerne ein Fußballspiel austragen – mit gemischten Mannschaften! Das Medienecho auf die Versöhnung von Puma und Adidas ist gewaltig. Das Foto vom Shakehands der Vorstandschefs druckt sogar die Himalayan Times.

Stand: 27.10.2014

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