Albert S.A. von Rothschild

Stichtag

29. Oktober 1844 - Albert S.A. von Rothschild wird geboren

Es beginnt alles im jüdischen Ghetto in Frankfurt am Main. Dort wohnt über Generationen eine Familie im Haus "Zum roten Schild". Daraus entsteht schließlich deren Familienname: Rothschild. Im 19. Jahrhundert steigen die Rothschilds zur reichsten Familie der Welt auf. Geschafft hat das der Clan durch Tugenden, die im Familienwappen stehen: Zusammenhalt, Moral, Fleiß. Urvater der Dynastie ist Mayer Amschel Rothschild, der 1744 geboren wird und eine Wechselstube von seinem Vater übernimmt. Andere Betätigungsfelder als Handel und Geldwechsel sind Juden damals kaum erlaubt. Handwerksberufe sind ihnen verboten.

Seine fünf Bankier-Söhne verteilt Mayer Amschel Rothschild über ganz Europa: Frankfurt, London, Paris, Neapel und Wien. Zusammen können die Gebrüder riesige Summen mobilisieren. Auf diese Weise finanzieren sie Großprojekte wie zum Beispiel den Eisenbahnbau und später den Suezkanal. Die Rothschilds werden die Banker der Industriellen Revolution. "Reich wie Rothschild" wird im 19. Jahrhundert ein geflügeltes Wort.

Spenden und stiften

Besonders erfolgreich ist Albert Salomon Anselm Freiherr von Rothschild, der am 29. Oktober 1844 in der dritten Generation der Rothschilds in Wien geboren wird. Schon seine Vorfahren wurden geadelt, er wird als Herr Baron angesprochen. Sein Kosenamen lautet Salbert, entstanden aus einer Kombination von Salomon und Albert. Er gilt als ruhig, zielstrebig, lernfreudig und studiert in Bonn. Als sein Vater erkrankt, übernimmt Albert S.A. von Rothschild 1866 die Geschäfte und wird zum Chef des Rothschild-Imperiums in Österreich. Salbert managed eine Währungsreform, leitet die wichtigste österreichische Eisenbahn-Gesellschaft, investiert in die aufstrebende Industrie und leitet vor allem die Banken der Familie. Er wird zum reichsten Mann Europas. Geschätzt besitzt er umgerechnet fünf Milliarden Euro.

Privat trifft Salbert allerdings ein Schicksalsschlag: Seine Frau Bettina stirbt mit 34 Jahren, sie stammt aus dem französischen Zweig der Dynastie. Der Baron bleibt mit sieben Kindern zurück. Der Verlust wirft den 50-Jährigen aus der Bahn, er beginnt eine Affäre mit der verheirateten Schauspielerin Helene Odilon. Sie engagiert einen Psychiater, um ihren Mann, ohne ihn je gesehen zu haben, für verrückt erklären zu lassen. Doch der populäre Schauspieler kann rechtzeitig fliehen. Ein Riesenskandal folgt. Daraufhin beendet Salbert die Affäre und widmet sich seinen Hobbys: Schach, Astronomie, Schlösser, Kunst, Bergsteigen. Er gibt auch große Summen für soziale Einrichtungen aus und stiftet Krankenhäuser wie zum Beispiel das Bettina-Frauenspital in Erinnerung an seine Frau.

Vermögen von den Nazis beschlagnahmt

Persönlich bleibt Albert Salomon Anselm Freiherr von Rothschild bescheiden. Als er einmal - wie der Wiener Sachbuch-Autor Georg Markus erzählt - im noblen Pariser Hotel Ritz nach dem billigsten Zimmer fragt, flüstert ihm der Portier zu: "Aber Herr Baron, Ihr Sohn nimmt immer das Fürstenappartement!" Darauf erwidert Rothschild: "Mein Sohn hat ja auch einen reichen Vater." Der reiche Vater stirbt mit 66 Jahren am 11. Februar 1911 in Wien - kurz vor dem Ersten Weltkrieg. Er hatte vergeblich die Friedenskräfte in Österreich gefördert.

Während die Familie Rothschild den Ersten Weltkrieg weitgehend unbeschadet übersteht, setzt ihr die Weltwirtschaftskrise erheblich zu. 1938, nach dem sogenannten Anschluss Österreichs, wird das restliche Vermögen schließlich von den Nationalsozialisten im Zug der "Arisierung" beschlagnahmt. Salberts Sohn Louis darf Österreich erst verlassen, nachdem er sein Eigentum für einen Spottpreis abgegeben hat. Ausgerechnet in das Palais Rothschild, das von Vater Albert gebaut worden war, zieht der Organisator des Holocausts ein: Adolf Eichmann.

Stand: 29.10.2014

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