Mann mit Aktentasche spiegelt sich in einer Glasfassade

Stichtag

18. Juni 2009 - Bundestag beschließt strengere Regeln für Managervergütung

15 Millionen Euro für VW-Chef Martin Winterkorn, 8,4 Millionen Euro für Daimler-Chef Dieter Zetsche, jeweils rund acht Millionen Euro für das Führungsduo der Deutschen Bank, Anshu Jain und Jürgen Fitschen: Die Einkommen der Vorstände der 30 Dax-Unternehmen sind 2013 auf ein neues Rekordniveau gestiegen. Die Rekordgehälter empören die Gewerkschaften. Verdi-Chef Frank Bsirske sieht darin die Rückkehr zu einer "Kultur der Maßlosigkeit", die mitverantwortlich dafür gewesen sei, dass es im Sommer 2007 mit der Weltwirtschaft bergab ging.

Als einer der Gründe für die Krise gilt die Gier von Top-Managern. Um das eigene Einkommen zu maximieren, gingen sie unkalkulierbare Risiken ein. Auch als Ende 2008, Anfang 2009 die globale Wirtschafts- und Finanzkrise in Deutschland zu spüren ist, kassieren die Manager von Banken sowie Handels- und Industriekonzernen weiter ihre Gehälter und Bonuszahlungen in Millionenhöhe. Schlechte Unternehmensdaten werden dabei ignoriert.

Zypries: "Der Markt braucht Regeln"

Die Politik gibt sich im Wahljahr 2009 geschockt: "Das Irre bei den Boni ist ja nur, dass wir früher dachten, die gibt es für Erfolg", sagt Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). "Und jetzt stellen wir fest, dass es die für Misserfolg gibt." Die Große Koalition will, dass der Staat eingreift und einen engeren Rahmen für Managergehälter schafft. "Der Markt allein kann es nicht", sagt Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD). "Der Markt braucht Regeln, wenn er funktionieren soll, und er braucht, so scheint es wenigstens, jetzt sogar Regeln, damit er sich nicht selbst zerstört." Sie lässt einen entsprechenden Gesetzesentwurf ausarbeiten.

Nach monatelangen Diskussionen beschließt der Bundestag am 18. Juni 2009 das "Gesetz zur Angemessenheit der Vorstandsvergütung". Nach der neuen Regelung entscheidet künftig der gesamte Aufsichtsrat. Bei einer Verschlechterung der Lage des Unternehmens kann er auch die Vergütung reduzieren. Aktienoptionen können Führungskräfte erst nach vier und nicht wie zuvor nach zwei Jahren einlösen. Aufsichtsrat und Hauptversammlung erhalten mehr Kontrollbefugnisse. Zudem muss die Vorstandsvergütung "in einem angemessenen Verhältnis zu den Aufgaben und Leistungen" stehen. Konkrete Gehaltshöhen schreibt das Gesetz allerdings nicht vor. In Kraft treten die Bestimmungen im August 2009.

BDI: "Im internationalen Vergleich nicht zu hoch"

Die Meinungen über das Gesetz gehen auseinander. Es sorge zwar für mehr Transparenz, aber ansonsten überwiege der Symbolcharakter, sagt Gerhard Schick, der wirtschafts- und finanzpolitische Sprecher der Grünen. Eine systematische Kontrolle gebe es nicht, auch wenn "in ein paar einzelnen Fällen tatsächlich aus dem Kreis der Eigentümer Kritik an Managervergütungen erfolgt ist". Der Vorwurf der überbezahlten Manager sei durch das Gesetz nicht aus der Welt, sagt der Sprecher der Kritischen Aktionäre, Markus Dufner. "Wir finden, dass ein Dax-Vorstand höchstens das Zwanzigfache eines Arbeitnehmers im selben Unternehmen verdienen sollte."

Ein Jahresgehalt von einer Million Euro halten die Kritischen Aktionäre für angemessen. Spitzenstars sollen spitzenmäßig verdienen, sagt hingegen Heiko Willems vom Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI). "Der durchschnittliche Dax-Vorstand verdient 3,1 Millionen Euro im Jahr. Das ist eine Menge Geld. Aber das sind die Top-Unternehmen, die im weltweiten Wettbewerb stehen." Das sei im internationalen Vergleich nicht zu hoch. Deutsche Manager müssen allerdings nicht in Sack und Asche gehen. Deren Bezahlung könne sich durchaus sehen lassen, sagt Gustav Horn, Ökonom der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung: "Der VW-Chef, Herr Winterkorn, gehört zu den bestbezahlten Managern, auch im internationalen Maßstab." Das gelte ebenfalls für Manager der Deutschen Bank, so Horn. "Dass wir da irgendeinen Aufholbedarf hätten, sehe ich überhaupt nicht."

Stand: 18.06.2014

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