Wim Thoelke, Uri Geller

Stichtag

17. Januar 1974 - Uri Geller verbiegt live im Fernsehen Besteck

PSI, die große Unbekannte der außersinnlichen Wahrnehmung, hat Anfang der 1970er Jahre Hochkonjunktur. In aller Welt führen Parapsychologen und Psychokinetiker übernatürliche Phänomene vor, die von der akademischen Wissenschaft meist als Scharlatan-Spuk abgetan werden. Vor allem ein junger Israeli, der von sich behauptet, telepathische Kräfte zu besitzen, sorgt medienwirksam rund um den Globus für Furore.

Im britischen Fernsehen löst der 27-jährige Uri Geller 1974 eine landesweite Telekinese-Hysterie aus. Offenbar nur durch die Kraft seiner Gedanken verbiegt der ehemalige Fallschirmjäger einen Löffel. Kurz darauf laufen bei der BBC die Telefone heiß. Hunderte Zuschauer melden, in ihren Schubladen habe sich das Besteck gekrümmt. Entsprechend aufgeregt reagieren die deutschen Medien, als das ZDF wenige Tage später Uri Gellers Auftritt in der Rateshow "Drei mal Neun" ankündigt.

"Was soll das?"

Auf einer Pressekonferenz mit Geller am Vortag der Live-Sendung schürt Showmaster "Big Wim" Thoelke große Erwartungen. "Räumen Sie die Bestecke vom Abendbrottisch. Sie könnten nach der Sendung verbogen sein wie Angelhaken." Ein ungläubiger Journalist fordert Uri Geller listig auf, seinen Hausschlüssel zu verbiegen. Zum maßlosen Erstauen aller gelingt das dem Mann mit dem üppigen schwarzen Haarschopf tatsächlich. Am nächsten Abend, dem 17. Januar 1974, sitzt Fernseh-Deutschland nahezu geschlossen vor den Geräten, um selbst Zeuge von Gellers Fähigkeiten zu werden.

Schon mit vier Jahren habe sich sein Löffel beim Suppeessen verbogen und sei zerbrochen, erzählt der Israeli. Bei "Drei mal Neun" nimmt er diesmal Gabeln ins Visier seines hypnotischen Blicks. "Bend, bend, bend" (bieg dich , bieg dich, bieg dich), beschwört Geller das Besteck, das sich Augenblicke später unübersehbar nur durch schiere Energie seines Willens krümmt. Als Dreingabe bringt Geller wieder Leben in stillstehende Uhren. Wim Thoelke versucht staunend, das Unerklärliche in Worte zu fassen: "Das sind ja geheimnisvolle Kräfte. Da beginnt man sich ja zu fragen: Was soll das?"

Im Dienst von CIA und Ölkonzernen

Dann meldet sich die Regie sich aus dem Ü-Wagen und macht die Sensation perfekt: "Zwei Anrufe. Sieben Kilometer entfernt. Ein Herr, Gabel verbogen, vier Zeugen." Nach der Show erhält das ZDF Schadenersatzforderungen von Zuschauern, deren Besteckschubladen angeblich nur noch Schrott enthalten. Andere sind beglückt über Uhren, die nach Jahren wieder gehen. Uri Geller steigt in den folgenden Monaten zum Superstar des Übersinns auf. Renommierte Adressen wie das Stanford Research Institute in den USA nehmen ihn unter die Lupe und widerlegen seine parapsychologischen Fähigkeiten nicht. Profi-Magier wie der Amerikaner James Randi oder der deutsche Illusionist Oskar Rombar dagegen entlarven simple Tricks aus dem Zauberkasten, die Gellers Wundertaten möglich machen.

In den 80ern versagt die geheinmisvolle Kraft des Magiers vor Kameras und Prüfkomitees immer häufiger. "Ich wurde magersüchtig, depressiv und hatte Panikattacken," so Geller später. Er übersteht die Krise und vermarktet weiter clever seine außersinnlichen Gaben. Im Dienst der CIA zerstört er angeblich gefährliche Computerdisketten, verdient Millionen mit dem Aufspüren von Ölquellen und Diamantminen oder bringt, rein zum Vergnügen, Londons Big Ben zum Stillstand. Sogar der Genfer Abrüstungsvertrag kommt 1987 letztlich nur dank Uri Gellers Einfluss zustande: "Ich habe den Russen per Telepathie gesagt: Unterschreib! Unterschreib! Unterschreib!"

Stand: 17.01.2014

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