Stichtag

24. März 2008 - Vor 75 Jahren: Hellseher Erik Jan Hanussen ermordet

1988 steht Klaus Maria Brandauer in seiner Rolle als Trickbetrüger und Hellseher Erik Jan Hanussen vor Gericht. "Darf ich Sie fragen, wie meine Zukunft aussieht?", will der Staatsanwalt wissen. Und Brandauer antwortet: "Sie werden den Prozess verlieren." Tatsächlich muss sich der echte Hanussen - der "Gott der Gaukler", wie er sich selber nennt -wegen Hochstapelei und "Hypnoseschwindels" immer wieder vor Gericht verantworten. Er übersteht alle Prozesse unbeschadet und geht mit seinem Programm auf Tournee, selbst in den Orient und in die USA.

Hanussen wird 1889 als Hermann Steinschneider im Wiener Armenviertel Ottakring geboren. Seine Eltern arbeiten als "Schmierendarsteller" in verschiedenen Varietés und Theatern. Er selbst begeistert das Publikum bereits als Kind mit Feuerschlucken und Entfesselungskünsten. Mit 21 Jahren ist Hanussen in Wien als Journalist tätig, beschäftigt sich aber nebenbei mit Okkultismus. Im ersten Weltkrieg macht er mit Charisma, Hypnose und Hellsehen endgültig Furore. Volle Häuser, Radio-Sendungen, Live-Übertragungen seiner Seancen, die Eröffnung des "Palasts des Okkultismus", teure Autos, eine eigene Jacht und unzählige Liebschaften sind die Folge. In seiner okkulten "Hannusen"-Zeitung preist er sein eigenes Talent - und feiert nicht zuletzt den Aufstieg des Nationalsozialismus.

Sein eigenes Schicksal unter Hitler indes sieht Hanussen nicht voraus. Denn seine Neider haben ihn längst im Visier. Aber auch die linke Presse macht gegen den dubiosen Hellseher Front und legt seine jüdische Vergangenheit offen. Als Hanussen auch noch den Reichstagsbrand "vorhersagt", wird er von einem Kommando der SA verhaftet. Am 24. März 1933 wird "der Jude Steinschneider" von SA-Oberst Rudolf Steine "auf der Chaussee zwischen Baruth und Zossen" in Berlin erschossen.

Stand: 27.03.08