Marlon Brando als Fletcher Christian in "Meuterei auf der Bounty" (1962)

Stichtag

20. September 1793 - Tod des "Bounty"-Meuterers Fletcher Christian

Wer wie Fletcher Christian auf der Kinoleinwand von Clark Gable, Marlon Brando und Mel Gibson verewigt wird, der muss wohl ein Held gewesen sein. Doch Leinwand-Mythos und historische Realität stimmen bekanntlich selten überein. Auch der von Hollywood zum Spartakus der Meere stilisierte Meuterer auf der "Bounty" war in Wirklichkeit kein Rebell aus edlen Motiven, und sein Gegenspieler, Kapitän William Bligh, kein gnadenloser Menschenschinder.

Bis zur berühmtesten Meuterei der Seefahrt sind beide sogar enge Freunde. Zwei Reisen haben sie vor dem "Bounty"-Drama zusammen erlebt, und Bligh förderte den verarmten Adligen Christian, wie er selbst als Leutnant vom großen Kapitän James Cook protegiert wurde. Auslöser der Meuterei sind ihre charakterlichen Eigenarten: Bligh, der perfektionistische, leicht aufbrausende Schiffsführer, und Christian, der gebildete, aber dünnhäutige Steuermannsgehilfe.

Herrliche Monate auf Tahiti

Am 23. Dezember 1787 bricht Kapitän Bligh mit 44 Mann von Plymouth aus in die Südsee auf. Die "Bounty" ist eigentlich nur ein Kutter und auch Blighs Auftrag ist wenig spektakulär: In Tahiti soll er 2.000 Setzlinge des Brotfruchtbaums laden und in die Karibik-Kolonien bringen. Nach zehn Monaten erreicht Bligh die exotische Insel, wo die "Bounty" wegen widriger Winde fünf Monate festliegt. Die Besatzung aber verlebt eine herrliche Zeit in dem tropischen Paradies. Zur Abreise muss der Kapitän etliche Männer mit harten Strafaktionen zurück an Bord zwingen. Am 4. April 1789 legt das Schiff ab und die Stimmung an Bord ist miserabel.

Zwischen Bligh und dem bei der Mannschaft beliebten Fletcher Christian kommt es immer häufiger zum Streit. Ihre Freundschaft geht vollends in die Brüche, als Christian auf einer Insel Wasser fassen soll und von Einheimischen vertrieben wird. Bligh beschimpft ihn vor versammelter Besatzung als "feigen Schuft". Kurz darauf klagt der Kapitän seinen sensiblen 2. Offizier des Diebstahls einiger Kokosnüsse an. Am folgenden Morgen, dem 28. April, jagt der zutiefst in seiner Ehre Gekränkte Christian den Kapitän im Nachthemd an Deck und ruft die Mannschaft zur Meuterei auf.

Das Paradies wird zur Hölle

18 Männer halten Bligh die Treue. In einem überladenen Beiboot werden sie mit etwas Proviant auf hoher See ausgesetzt. Überleben können sie nur, wenn sie Timor erreichen, über 3.600 Seemeilen entfernt. Der Tod ist ihnen so gut wie sicher. Christian übernimmt das Kommando auf der "Bounty", segelt zurück nach Tahiti und nimmt dort einheimische Frauen und Männer auf. Monatelang irrt das Schiff dann durch die Südsee, bis sie die einsame Insel Pitcairn erreichen. Um ihr Versteck vor Entdeckung zu schützen, stecken die Meuterer die "Bounty" in Brand.

Auf Pitcairn finden sie alles, was ein angenehmes Leben unter Palmen ermöglicht. Die tahitischen Freunde errichten Hütten und bestellen den Boden, werden aber zunehmend wie Sklaven behandelt. Die "Bounty"-Leute ergeben sich dem Suff, streiten um Land und Frauen und verwandeln ihr kleines Paradies in eine Hölle. Bald bringen sich die ersten gegenseitig um. Im September 1793, am so genannten "Massacre Day", fallen die tahitianischen Männer über ihre Unterdrücker her. Fletcher Christian und die anderen Meuterer werden umgebracht. Nur einer überlebt: John Adams, der zum Stammvater der christlichen Siedler auf Pitcairn wird. Und der unglückliche Kapitän Bligh? Der exzellente Navigator schafft das schier Unmögliche und erreicht nach 48 mörderischen Tagen auf See Timor. Im März 1790 kehrt er wohlbehalten heim nach England.

Stand: 20.09.2013

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