Die Geiselnehmer werden am 18.08.1988 von der Polizei auf der Autobahn A3 bei Bad Honnef gestoppt

Stichtag

16. August 1988 - Beginn des Gladbecker Geiseldramas

Die folgenschwerste Geiselnahme in Deutschland nimmt am Morgen des 16. August 1988 ihren Lauf. Um 07.15 Uhr überfallen zwei bewaffnete Männer die Deutsche-Bank-Filiale in Gladbeck-Rentfort. Als Hans-Jürgen Rösner (31) und Dieter Degowski (32), beide vorbestraft, Polizisten vor der Bank entdecken, nehmen sie zwei Angestellte als Geiseln.

Am Abend erhalten die Gangster wie verlangt 400.000 DM und einen Audi 100. Kurz vor 22.00 Uhr verlassen sie die Bank. Zweimal verschaffen sie sich mit Waffengewalt einen neuen Wagen, dann holen sie in Gladbeck Rösners Freundin Marion L. ab. Verfolgt von Polizeikommandos und einem Medien-Tross irren Rösner und Degowski in der Nacht durch Nordrhein-Westfalen. Um 8.05 betritt das Trio mit den Geiseln ein Hagener Café und verlangt: "Frühstück für alle."

"Vor allem mein Kumpel ist brandgefährlich"

Nächstes Ziel der Geiselgangster ist Bremen, der Wohnort von Marion L.'s Eltern. Wie in der Nacht zuvor, lässt das Sondereinsatzkommando mehrere Chancen zum Eingreifen verstreichen. Nach einem erneuten Fahrzeug-Wechsel entdeckt Rösner gegen 18.20 Uhr die Verfolger. Mit den Geiseln kapert das Trio einen wartenden Linienbus. Die Waffe schussbereit in der Hand, lässt sich Rösner mit der Abgebrühtheit eines Profikriminellen von den Journalisten interviewen: "Wir haben mit dem Leben abgeschlossen. Vor allem mein Kumpel ist brandgefährlich. Ich scheiß auf mein Leben."

Um 22.00 Uhr steuert der Bus mit rund 30 Geiseln auf der A1 in Richtung Niederlande. Bei einem Halt an der Raststätte Grundbergsee geht Marion L. mit einigen Geiseln zur Toilette. Als sie von MEK-Kräften überwältigt wird, schießt Degowski im Bus einem 14-Jährigen in den Kopf. Der Junge stirbt, weil kein Notarztwagen bereitsteht. Nun wird Marion L. sofort freigelassen. Mit Kolonnen von Polizeikräften und Medienvertretern hinter sich, setzen die Gangster ihre Flucht fort. In den Niederlanden tauschen sie den Bus gegen einen - von der Polizei präparierten - BMW 735 i. Bis auf zwei junge Frauen lassen sie alle Geiseln frei.

Finaler Rettungsschuss erlaubt

Am Donnerstagmorgen passiert das Gangster-Trio erneut die Grenze und fährt über Wuppertal nach Köln. Dort kommt es mitten in der City zu einer bizarren "Pressekonferenz". Bereitwillig geben Rösner und Degowski Interviews und posieren mit den Waffen für die Fotografen. Einen Zugriff hält die Polizei in der Menschenmenge für unmöglich. Schließlich steigt ein Reporter zu den Gangstern ins Auto, lotst sie auf die A3 und darf an der Raststätte Siegburg aussteigen. Das NRW-Innenministerium und die Polizeiführung geben nun die Order, den Wahnsinn sofort zu beenden: "Selbst wenn Schusswaffen eingesetzt werden müssen und dabei Menschen zu Schaden kommen. Finaler Rettungsschuss eingeschlossen."

Als der BMW um 13.38 Uhr auf der A3 bei Bad Honnef anhält, rast ein Einsatzkommando mit vier Wagen heran. Weil die Beamten aber die Fernsteuerung für den Zündunterbrecher am präparierten Fluchtwagen nicht finden, rammen die Verfolger den anfahrenden BMW nicht an der berechneten Stelle. Degowski kann sofort das Feuer eröffnen. Einer Geisel gelingt im Kugelhagel die Flucht in den Straßengraben. Rösner wird in den Oberschenkel getroffen. Den Ermittlungen zufolge tötet er darauf die letzte Geisel durch einen Schuss ins Herz. 54 Stunden nach Betreten der Bank in Gladbeck werden Hans-Jürgen Rösner und Dieter Degowski sowie die Komplizin Marion L. überwältigt.

Stand: 16.08.2013

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