Stichtag

8. Januar 1976 - Chinas Ministerpräsident Zhou Enlai stirbt

Als Mao Zedong am 1. Oktober 1949 auf dem Platz des Himmlischen Friedens in Peking die Volksrepublik China ausruft, steht sein alter Kampfgefährte Zhou Enlai links neben ihm. Enlai wird Premierminister, Außenminister und Maos rechte Hand. Der Staatspräsident trifft die Entscheidungen, Enlai setzt sie in die Praxis um: die Hundert-Blumen-Bewegung, die Kampagne "Großer Sprung nach vorn" und die Kulturrevolution. In Maos Schatten lenkt er fast 30 Jahre lang Staatsgeschäfte und Wirtschaftspolitik und ist einer der wenigen Weggefährten aus der Kommunistischen Bewegung, der all die Jahre politisch überlebt.

Enlai macht Ping-Pong-Diplomatie

Zhou Enlai , geboren am 5. März 1898, ist ein intellektueller Mann aus wohlhabender Familie. Er studiert in Japan, Frankreich, England und Deutschland und macht dabei hauptsächlich revolutionäre Propaganda. 1921 gründet er in Paris eine europäische Zelle der Kommunistischen Partei. Nach seiner Rückkehr nach China 1924 macht er schnell Karriere, zunächst in der Kommunistischen Bewegung, später in der Volksrepublik unter Staatspräsident Mao. Der Besuch des US-Präsidenten Richard Nixon im Februar 1972 wird Zhou Enlais größter außenpolitischer Erfolg: Die USA erkennen die Volksrepublik China an. Seine sogenannte Ping-Pong-Diplomatie geht auf, denn zuvor hatte er das Tischtennis-Team der Amerikaner nach Peking eingeladen und gewinnen lassen.
Damit Mao ihn nicht als Konkurrenten empfindet, bekennt er öffentlich immer wieder seine Treue zum Staatspräsidenten und zur Kommunistischen Partei. Einmal übt er vor dem Zentralkomitee Selbstkritik. "Meine Fehler haben gezeigt: Sobald jemand die Führung und die Weisungen des Großen Vorsitzenden Mao missachtet oder dagegen angeht, kommt er vom Weg ab und macht Fehler. Aber: Wenn wir die Dinge richtig machen, dann liegt das nur an der Führung und an den Gedanken des Großen Vorsitzenden Mao." In den Wirren der Kulturrevolution versucht er zwar Weggefährten, Künstler und Intellektuelle vor der Verfolgung durch Mao und seine Clique zu schützen - aber nur, wenn es sein politisches Überleben nicht bedroht. Zhou Enlai sagt später: "Ich habe viele Dinge auf dem Herzen, die ich nicht gesagt habe."

Die Rede zu den vier Modernisierungen

Im Mai 1972 entdecken die Ärzte bei Zhou Enlai Blasenkrebs. Im Januar 1975 verlässt der schwerkranke Enlai das Krankenhaus und hält vor dem Nationalkongress seine berühmteste Rede: "Zei (...) zhong guo" – die Rede zu den vier Modernisierungen. Mitten in der Kulturrevolution schlägt er vor, Landwirtschaft, Verteidigung, Industrie sowie Wissenschaft und Technologie zu reformieren. Seine Gedanken bilden unter dem Nachfolger Deng Xiaoping die Grundlage für die Reformbewegung in China. Zhou Enlai bleibt bis zu seinem Tod am 8. Januar 1976 im Alter von 77 Jahren Ministerpräsident. Chinas Bevölkerung trauert nach seinem Tod monatelang, legt Kränze und Fotos an öffentlichen Orten nieder. Der Politiker, obwohl mitverantwortlich für die Kulturrevolution, wird bis heute als Revolutionär und Kommunist verehrt.

Stand: 08.01.2011

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