Stichtag

29. Januar 1881 - Erste Magenresektion durch Theodor Billroth

In seinen Lebenserinnerungen bekennt der 1829 auf Rügen geborene Pastorensohn, ein Schulversager gewesen zu sein. Mit Ach und Krach nur besteht Theodor Billroth das Abitur. Widerwillig studiert er nach dem frühen Tod des Vaters der Mutter zuliebe in Greifswald Medizin. Sein Herz aber gehört - ein Leben lang - der Musik. Der später weltberühmte Chirurg beherrscht das Piano und die Bratsche, verfasst Konzertkritiken, wird sich mit Franz Liszt anfreunden und mit Johannes Brahms vierhändig Klavier spielen. Echte Leidenschaft für den Medizinerberuf entdeckt er erst, als er 1849 seinem Gönner, dem Chirurgen Wilhelm Baum, nach Göttingen folgt.

Karriere zwischen Klinik und Konzertsaal

Angetrieben vom Schmerz über den Tod seiner Mutter, stürzt sich Theodor Billroth ins Studium, steigt zum Assistenten des Chefarztes der Berliner Charité, Bernhard von Langenbeck, auf und habilitiert bereits 1856 zum Professor. Vier Jahre später erhält er die Chefarzt-Position der Chirurgischen Klinik in Zürich. Dort bewältigt Billroth, inzwischen verheiratet und Vater dreier Kinder, ein enormes Arbeitspensum: neben seiner Forschungs- und Operationstätigkeit die Leitung der Klinik, die Publizierung seiner wissenschaftlichen Arbeiten und Musikkritiken, dazu regelmäßig Hausmusik und zahlreiche gesellschaftliche Verpflichtungen. Nur zu gern folgt er 1867 einer Berufung an die renommierte Universität der Musik-Metropole Wien.
Als erster Chirurg wagt Billroth Operationen in den bis dato noch unerforschten Tiefen der inneren Organe. Sein berühmter Nachfolger Ferdinand Sauerbruch wird ihn dafür als Vater der modernen Bauchchirurgie ehren, "einer Chirurgie, die mit naturwissenschaftlichen Methoden arbeitet und mit naturwissenschaftlicher Kritik den Erfolg bewertet". Einer der Meilensteine in Billroths Wirken ist die erste erfolgreiche Teilentfernung eines Magens (Resektion), die ihm am 29. Januar 1881  gelingt.

Billroths Wiener Schule

Eine 43-jährigen Patientin leidet an "kolossaler Blässe und Abmagerung" sowie dauerndem Erbrechen. Billroths Diagnose: Krebs am Magenausgang. Mit der Erfahrung von Experimenten an hunderten von Hunden, wagt der Chirurg den 90-minütigen Eingriff. Er arbeitet sich durch die Bauchhöhle, schneidet einen apfelgroßen Tumor heraus, fügt Magen und Zwölffingerdarm zusammen und vernäht alles wieder mit "fünfzig Nähten mit Czerny’s karbolisierter Seide". Nach 14 Tagen kann Billroth konstatieren: "Meine Magenresicierte muss ich, soweit es die Operation betrifft, als geheilt erklären."
Immerhin vier Monate überlebt die Patientin diese Operation, die Billroth zum bis heute praktizierten Standardeingriff perfektioniert. Seine Erfolge machen Wien neben Berlin zum Mekka der Chirurgie; viele seiner Schüler reifen zu bedeutenden Ärzten und Professoren heran. Mit 65 Jahren am Ende seiner Kraft, erliegt Theodor Billroth im Februar 1894 einer Herzschwäche. Halb Wien gibt ihm das letzte Geleit.

Stand: 29.01.2011

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