Die deutsche Niederlage im Ersten Weltkrieg bedeutet das Ende des Kaiserreiches. In der folgenden Revolution wird gleich zwei Mal die Republik ausgerufen: Am 9. November 1918 verkündet der Sozialdemokrat Philipp Scheidemann die "deutsche Republik", zwei Stunden später proklamiert sein Parteikollege, der Kommunist Karl Liebknecht, die "freie sozialistische Republik".
Die Machtfrage im linken Lager klärt die SPD-Übergangsregierung zu ihren Gunsten: Der kommunistische Spartakusaufstand wird niedergeschlagen. Schon zuvor hat SPD-Chef Friedrich Ebert, an der Spitze des Rats der Volksbeauftragten, die Weichen für die zukünftige Verfassung gestellt.
Beratungen in Weimar
Bereits im November 1918 ist der Staatsrechtler Hugo Preuß zum Minister berufen worden - mit dem Auftrag, einen Entwurf auszuarbeiten. Preuß orientiert sich an der "Paulskirchen-Verfassung" von 1849 sowie den Revolutionsverfassungen Amerikas und Frankreichs.
Drei Wochen später liegt sein Vorschlag vor. Ab Februar 1919 berät die Nationalversammlung darüber. Getagt wird in Weimar, fernab der Revolutionswirren in der Hauptstadt. Ein "Flugpostdienst" liefert die neuesten Berliner Zeitungen.
Grundrechte verankert
Nach gut drei Monaten steht die endgültige Fassung. "Die Staatsgewalt geht vom Volke aus", heißt es in Artikel 1. Festgeschrieben sind allgemeine, direkte und geheime Wahlen zum Reichstag. Auch Grundrechte wie Gleichheit vor dem Gesetz, Meinungs-, Versammlungs- und Glaubensfreiheit sind verankert.
Die Staatsgewalt ist auf Reichspräsident und Reichskanzler verteilt. Die Länder sind in der zweiten Kammer vertreten, dem Reichsrat.
Autoritäres Element
Die Weimarer Verfassung tritt nach der Unterzeichnung durch Reichspräsident Ebert am 14. August 1919 in Kraft. Sein Amt ist einflussreich: Im Notfall kann der Reichspräsident vorübergehend Grundrechte aussetzen und den Reichstag auflösen.
Das sieht Artikel 48 vor. Ebert beruft sich mehr als 100 Mal auf ihn - zum Beispiel im Krisenjahr 1923 mit Aufständen, Ruhrkampf, Inflation und Hitler-Putsch.
Hindenburgs Machenschaften
Nach Eberts Tod 1925 wird klar, was der Artikel 48 ebenfalls ermöglicht: Nachfolger Paul von Hindenburg betreibt damit ab 1930 die Zerstörung der Republik.
Der frühere General lässt seine Präsidialkabinette weitgehend mit Notverordnungen regieren und den Reichstag mehrfach auflösen.
Im Geheimen wird eine neue Verfassung geplant, die eine Rückkehr zur Monarchie anstrebt. Adolf Hitler soll dabei eine Nebenfigur sein. 1933 ernennt ihn Hindenburg zum Reichskanzler.
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