Nach dem Ersten Weltkrieg hat die Monarchie in Deutschland ausgedient: Kaiser Wilhelm II. dankt ab, Philipp Scheidemann (SPD) ruft die Republik aus. Die neue Staatsform ist zunächst heftig umkämpft: In Berlin herrschen Chaos und Bürgerkrieg. Deshalb verlegt die frisch gewählte Nationalversammlung ihren Tagungsort von der Hauptstadt nach Weimar: Dort treffen sich die Abgeordneten am 6. Februar 1919 zum ersten Mal, um eine Verfassung auszuarbeiten.
Dieser Umstand ist Anlass für die Eröffnung der weltweit ersten zivilen Luftpost-Linie: zwischen Berlin und Weimar. Die Abgeordneten wollen wissen, was in Berlin passiert. Ihre Post und die neuesten Zeitungen werden per Doppeldecker transportiert. Die Flugzeit beträgt zwei Stunden, ein Eilbrief wäre damals drei bis vier Tage unterwegs.
Briefe und Passagiere
Schon im ersten Monat wird säckeweise Post befördert - und die ersten 19 Passagiere. Dazu gehört auch Reichspräsident Friedrich Ebert (SPD). Auch er sitzt wenig komfortabel eingeklemmt zwischen zwei Piloten im offenen Cockpit. Trotzdem ist das neue Transportmittel ein Erfolg und das Luftpostnetz dehnt sich rasch aus. In vielen Städten werden Flughäfen gebaut, auch im Ruhrgebiet und im Rheinland.
Als 1926 die Lufthansa gegründet wird, werden auch ferne Ziele wie Paris, Oslo und Madrid angeflogen. Zwei Jahre später wird eine Postkarte über den Atlantik geschickt - versehen mit dem Text: "Wurde als einzige Post von Berlin über Irland nach New York befördert." Dort wird der Lufthansa-Pilot Hermann Köhl für diese Pioniertat mit einer Konfetti-Parade und einem Empfang im Weißen Haus geehrt.
"Schleuderpost"
Wirtschaftliche Interessen begünstigten den Ausbau der Luftpost-Dienste. Firmen wie Siemens haben zum Beispiel in Brasilien Niederlassungen. Eine Tour nach Rio dauert vier Tage. Die Flugzeuge müssen mehrmals zwischenlanden, um aufgetankt zu werden. Das geschieht auf Schiffen, mitten im Südpazifik. Nach dem Tanken werden sie für den Weiterflug mit einem Katapult in die Luft geschleudert. Deshalb erhalten die Briefe einen Stempel mit der Aufschrift "Schleuderpost".
Mit dem Zweiten Weltkrieg endet die Expansion des Luftpost-Netzes vorerst. Nach Kriegsende übernehmen die Alliierten in Deutschland den Lufttransport. Erst ab 1954 befördert die neu gegründete Lufthansa wieder Post. Die Briefmenge wächst immer mehr an - bis das Internet als Konkurrent genutzt wird. Heute machen private Briefe nur noch sieben Prozent des gesamten Postaufkommens aus. Zwar gibt es immer noch Aufkleber mit der Aufschrift "Luftpost", in das europäische Ausland aber werden die Briefe weitgehend mit Lastwagen gefahren - weil das aufgrund des ausgedünnten Nachtluftpost-Netzes schneller geht.
Stand: 06.02.2014
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