Bestechliche Spieler und Vereinsbosse hat es im deutschen Profifußball schon gegeben, damals beim großen Bundesligaskandal 1971. Schiedsrichter dagegen scheinen lange über jeden Verdacht der Käuflichkeit erhaben zu sein – bis 2004. In jenem Jahr entwickelt der DFB-Pokal auf alarmierende Weise seine "ganz eigenen Gesetze".
In der ersten Runde des Pokalwettbewerbs am 21. August 2004 empfängt der Regionalliga-Club SC Paderborn den Bundesligisten Hamburger SV. Geleitet wird die Partie vom Unparteiischen Robert Hoyzer aus Berlin. Der athletische 24-Jährige, über 1,90 Meter groß und konsequent im Auftreten, gilt als Vorzeigetalent und Anwärter auf den Elitekreis der Bundesliga-Schiedsrichter.
Der Skandal kommt ins Rollen
Zunächst verläuft das Spiel wie erwartet: Der Favorit HSV geht früh mit 2:0 in Führung. Doch ab der 35. Minute wendet sich das Blatt ganz überraschend. Am Ende gewinnt der Außenseiter Paderborn, nicht zuletzt durch zwei höchst zweifelhafte Elfmeterentscheidungen Hoyzers zugunsten des Regionalligisten und eine rote Karte gegen den Hamburger Mpenza.
Nach der Pokalsensation in Paderborn bleibt zunächst noch alles ruhig. Doch Robert Hoyzer pfeift weiter auffällig und trifft fragwürdige Entscheidungen. In Schiedsrichterkreisen kursieren bald Gerüchte, auch weil Hoyzer auf dem Weg zu seinen Spielen angeblich Quittungen über mehrere Tausend Euro sortiert.
DFB- und Fifa-Schiedsrichter Lutz Michael Fröhlich
Ende 2004 liegen dem Bundesliga-Schiedsrichter Lutz Michael Fröhlich und drei weiteren Kollegen eindeutige Indizien für eine Bestechlichkeit Hoyzers vor. Sie informieren die DFB-Führung, dass Hoyzer, offenbar angestiftet von einer Berliner Wettbetrugsmafia, mehrere Spiele im Pokal sowie in der 2. Bundesliga und der Regionalliga manipuliert habe.
Laxe Aufklärung durch den DFB
Zunächst bestreitet Hoyzer vehement alle Vorwürfe. Wenige Tage später aber gibt er sein Schiedsrichteramt auf und legt am 27. Januar 2005 ein umfassendes Geständnis ab. 20.000 Euro habe er für das verschobene Spiel in Paderborn erhalten. Außerdem beschuldigt er weitere Schiedsrichter und andere Personen der Beteiligung an dem Wettbetrug.
Der DFB sperrt Robert Hoyzer daraufhin lebenslang als Schiedsrichter. 2006 wird er zu zwei Jahren und fünf Monaten Haft sowie einer hohen Schadenersatzzahlung verurteilt. Die Aufklärung des gesamten Skandals durch den DFB verläuft nach Ansicht vieler Experten überraschend lax. Nur zwei verschobene Spiele werden wiederholt. Die Wertung der Partie Paderborn gegen den Hamburger SV aber bleibt bestehen.
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