3. April 2007 - Doping-Verdacht gegen Jan Ullrich durch DNA-Vergleich erhärtet

Stand: 03.04.2017, 00:00 Uhr

Auf einen wie Jan Ullrich hat der deutsche Radrennsport lange gewartet. Auf ein Idol, das es wie Boris Becker zuvor im Tennis schafft, die ganz großen Titel zu holen. Im Profi-Radsport heißt das vor allem eins: die Tour de France gewinnen.

Ruhmreiche Zeiten deutscher Straßen-Radprofis sind rar und liegen schon etwas zurück. Auf dem Nürburgring wird Rudi Altig, der König der Sechstagerennen, 1966 Straßenweltmeister. 1977 weckt Didi Thurau mit dem fünften Platz bei der Tour de France große Hoffnungen. Aber es bleibt sein spektakulärster Erfolg. Und dann kommt Jan Ullrich, rotblond und unbekümmert.

Razzien, Verhöre und Festnahmen

1997 rollt der 23-jährige Rostocker als erster deutscher Gesamtsieger in Paris über den Zielstrich. Ein Triumph, der die erhoffte Radsport-Euphorie auslöst und Ullrich zum Medienstar und zur hoch bezahlten Werbeikone macht. Seine Siege werden jedoch - wie schon die seiner erfolgreichen Vorgänger - bald von schweren Doping-Vorwürfen überschattet.

Lange haben Veranstalter, Sponsoren, Fans und auch die Medien den schier übermenschlichen Leistungen nur applaudiert. Kaum einer fragt, wie die Fahrer maschinengleich selbst steilste Bergpässe im Spitzentempo bewältigen können. Ein Jahr nach Ullrichs Sieg aber werden im Umfeld der Tour de France hunderte Ampullen des Dopingmittels EPO gefunden; Razzien, Verhöre und Festnahmen folgen. Die Profis protestieren dagegen mit Streiks. Jan Ullrich erklärt: "Ich habe mir nichts vorzuwerfen. Ich habe in meiner ganzen Karriere keinen betrogen und keinen geschädigt."

Unschuldserklärungen unter schwerem Doping-Verdacht

Am Tag vor dem Start der Tour de France 2006 veröffentlicht die spanische Polizei ihren Untersuchungsbericht zum Blutdoping-Skandal um den Madrider Arzt Eufemiano Fuentes. 58 Beschuldigte werden namentlich genannt, unter ihnen auch der Star Jan Ullrich. Einen Monat später erhält der Rostocker die außerordentliche Kündigung seines Bonner Telekom-Teams. Zur Tour 2007 werde er trotzdem antreten, erklärt der geschasste Star.

Ullrich bleibt bei seiner Unschuldsbehauptung, als andere Fahrer seines Ex-Teams längst Doping gebeichtet haben. 2007 redet der frühere Telekom-Masseur Jef D'Hont Klartext: "Jan hat Epo genommen und auch Wachstumshormone - 100 Prozent sicher. Jetzt muss auch er sagen, was damals war." Ullrich schweigt zu den Vorwürfen. Am 26. Februar 2007 erklärt er unter dem Druck von Ermittlungen und Schadenersatzforderungen das Ende seiner aktiven Karriere.

BKA-Analyse beweist Ullrichs Blutdoping

Fünf Wochen später, am 3. April 2007, werden Ullrichs Unschuldserklärungen endgültig als Märchen entlarvt. Ein vom Bundeskriminalamt durchgeführter DNA-Vergleich beweist: In den bei dem Arzt Fuentes sichergestellten Beuteln befand sich auch das Blut des Rostockers. Rund zwei Dutzend Mal war Ullrich von 2003 bis 2006 in Madrid und hatte insgesamt 80.000 Euro für das illegale Blutdoping an Fuentes gezahlt.

Die Staatsanwaltschaft Bonn eröffnet nun ein Betrugsverfahren gegen Ullrich. Nach 21 Monaten sieht Oberstaatsanwalt Fred Apostel "hinreichend belegt, dass Herr Ullrich Dopingmethoden angewandt hat". Zu dessen Gunsten spreche aber die "weithin beherrschende Doping-Mentalität" im Radsport. Am Ende kommt Ullrich mit 250.000 Euro Geldbuße davon. 2013 räumt er erstmals öffentlich ein, Blutdoping praktiziert zu haben. Betrugsabsichten weist Ullrich weiter zurück: "Ich habe nichts genommen, was die anderen nicht auch genommen haben."

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