"Reporterlegende", "Fachmann mit Herz", "ernsthafter Unterhalter" - nach seinem Tod 2012 sind sich Presse und Publikum einig: Mit Harry Valérien hat der deutsche Sportjournalismus einen seiner Großen verloren. "Er hakte nach, im Ton stets formvollendet, doch unerbittlich in der Sache", trauert Valériens langjähriger Kollege Dieter Kürten.
In München kommt der Sohn eines Pressefotografen am 4. November 1923 zur Welt. Der bayerische Dialekt bleibt Valériens Markenzeichen, ebenso wie sein Charme, seine Fairness und – "wo simma, wo samma, da samma" – seine Lockerheit vor der Kamera. Mit 15 hat er bereits Vater und Mutter verloren und träumt als begeisterter Schwimmer von Gold bei Olympia. Doch dann kommt der Weltkrieg und Valérien muss 1941 zu den Gebirgsjägern.
Lieber Reporter als Sportchef
Zurück aus US-Gefangenschaft, besucht Valérien 1946 eine Münchener Journalistenschule. Robert Lembke entdeckt sein Talent und holt ihn 1951 zum Bayerischen Rundfunk. Ein Jahr später gehört der 28-Jährige bereits zum ARD-Reporterteam für die Olympischen Spiele. Bis 1996 wird Valérien von allen Sommer- und Winterspielen sowie jeder Schwimm- und Ski-Weltmeisterschaft berichten.
Mit Wim Thoelke und Rainer Günzler erfindet Valérien 1963 beim ZDF das "Aktuelle Sortstudio", einen ganz neuen Mix aus Sportberichten, Showelementen und prominenten Gästen. "Der vergnüglichste war der Franz Beckenbauer, der präziseste war Niki Lauda und der philosophischste Reinhold Messner", erinnert sich Valérien.
Selbst mit Leib und Seele Sportsmann, hält er als Journalist aber stets kritische Distanz. Engagiert tritt Valérien für faire Bedingungen im Leistungssport ein und wird zum Vorkämpfer der Anti-Doping-Bewegung. Als ihm das ZDF 1983 die Position des Sportchefs anbietet, lehnt Valérien ab: Er bleibe lieber Reporter, die Verwaltung liege ihm nicht so sehr.
Friedlicher Tod im Beifahrersitz
"So sein wie Du bist, nicht etwas anderes sein wollen", diesem Motto bleibt Harry Valérien immer verbunden. Dafür schätzt ihn das Publikum, auch als Moderator der Reihe "Telemotor" und Autor zahlreicher Sport-Dokus. Vom "Aktuellen Sportstudio" verabschiedet er sich 1988 nach 283 Ausgaben.
An der Seite von Amelie Fried wird er Gastgeber der ZDF-Talkshow "Live", kommentiert für private Sender Golf-Turniere und engagiert sich für den Journalisten-Nachwuchs. Erst im Jahr 2000 zieht sich Harry Valérien ins Privatleben zurück. Am 12. Oktober 2012 stirbt er mit 88 Jahren – im Schlaf als Beifahrer seines Schwiegersohns während einer Autofahrt.
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