Ferdinand von Richthofen, Geologe und Geograf

Stichtag

6. Oktober 1905 - Ferdinand von Richthofen stirbt in Berlin

September 1868: Der Geologe Ferdinand von Richthofen ist gerade aus Kalifornien in Schanghai angekommen. "Ich hatte keine Gelegenheit gehabt, mich mit der Literatur über China bekannt zu machen, und nicht ohne Bangigkeit stand ich an der Pforte des ungeheuren Reiches, dessen Erforschung durch einen Einzelnen ein verwegenes Unternehmen schien", schreibt der 35-Jährige später. Finanziert von der Wirtschaft soll er für Investoren erkunden, wo es in China Kohlereserven gibt, deren Ausbeutung sich lohnt. Mit diesem Rohstoff lässt sich während der Industrialisierung viel Geld verdienen.

Wie ein roter Faden zieht sich die Erforschung von Bodenschätzen durch Richthofens Berufsleben. Als er am 5. Mai 1833 im oberschlesischen Carlsruhe als Sohn eines adeligen Gutsbesitzers geboren wird, deutet allerdings nichts auf eine Forscherkarriere hin. Mit 17 Jahren beginnt er in Breslau, Geologie zu studieren. Später wechselt er nach Berlin. Nach der Promotion Anfang 1856 lernt der 23-jährige Richthofen im Auftrag der Kaiserlich-Königlichen Geologischen Reichsanstalt in Wien kartieren, also im Gelände geologische Verhältnisse aufnehmen. Dabei macht er eine Entdeckung: Die Dolomiten sind ehemalige Korallenriffe.

Rohstoffsuche in Kalifornien

Nach vier Jahren Felderfahrung wechselt der 27-Jährige 1860 dank Familienbeziehungen ins Auswärtige Amt. Er nimmt an der sogenannten Eulenburgschen Ostasien-Expedition teil. Preußen will wie schon zuvor England und die USA in Ostasien Fuß fassen. Unter der Leitung von Graf Friedrich von Eulenburg sollen mit Thailand, China und Japan Handels- und Freundschaftsverträge abgeschlossen werden. Drei Kriegsschiffe sorgen dabei für Nachdruck. Während verhandelt wird, erkundet von Richthofen die Gegend nach Rohstoffvorkommen. Dabei findet er seinen Lebenstraum: Er will als Erster zum unerforschten Tian-Shan-Hochgebirge in Mittelasien vorstoßen.

Doch als die Expedition 1862 nach zwei Jahren endet, scheitert Richthofen mit seinem Plan. Politische Unruhen in China versperren den Zugang von Süden. Auch der Versuch über Nordamerika, Alaska und Russisch-Asien misslingt. Fehlende Finanzen halten von Richthofen sechs Jahre lang in Kalifornien fest. In dieser Zeit sucht er im Auftrag von Banken unter anderem nach Goldadern. Schließlich schickt ihn die "Bank of California" nach China. Im November 1868, zwei Monate nach seiner Ankunft in Schanghai, startet er zur ersten von insgesamt sieben Reisen. In den folgenden vier Jahren besucht er 13 der 18 chinesischen Provinzen und wird zum China-Experten seiner Zeit.

Tipps für Bismarck

1870, kurz nach Beginn des deutsch-französischen Krieges, flieht Richthofen vor ausländerfeindlichen Ausschreitungen in China nach Japan. Sechs Monate später, in seiner Heimat wurde inzwischen das Kaiserreich ausgerufen, setzt er seine Erkundungen fort - als Vorreiter des preußischen Imperialismus'. Von Richthofen empfiehlt dem preußischen Ministerpräsidenten Otto von Bismarck den Hafen der Insel Tschusan südlich von Schanghai als Flottenstützpunkt. Später macht der Geologe Berlin auf die Bucht von Kiautschou auf der Halbinsel Shandong aufmerksam, wo es reiche Kohlevorkommen gibt. Von Richthofens Vorschlag wird umgesetzt - wenn auch erst 30 Jahre später: Kaiser Wilhelm II. lässt zunächst die Bucht widerrechtlich besetzen, bevor er von den Chinesen einen 99 Jahre lang laufenden Pachtvertrag für die Gegend erzwingt.

Zu diesem Zeitpunkt ist von Richthofen längst nach Deutschland zurückgekehrt. Ab 1872 macht er als Professor für das neue Studienfach Geographie Karriere an den Universitäten in Bonn, Leipzig und Berlin. Währenddessen schreibt er sein Werk über China. Darin prägt er unter anderem den Begriff "Seidenstraße" und sagt voraus, dass China zur Weltmacht aufsteigen werde. Ganz Imperialist fordert er deshalb: "... bei dem bevorstehenden Aufschwung ... haben sich die fremden Mächte die größtmöglichen Vorteile zu sichern". Zudem verfasst von Richthofen seinen "Führer für Forschungsreisende", der nach seinem Tod am 6. Oktober 1905 in Berlin als sein Vermächtnis gilt.

Stand: 06.10.2015

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