Queen Elisabeth II. und Bundespräsident Heinrich Lübke schreitet am 18.05.1965 auf dem Flughafen Köln/Bonn die Ehrenformation des Wachbatallions der Bundeswehr ab

Stichtag

18. Mai 1965 - Erster Staatsbesuch von Queen Elisabeth II.

"Die Königin wird sich freuen, wenn sie in Deutschland herzlich begrüßt wird", teilt der "Fachausschuss für Umgangsformen", ein Ableger des "Allgemeinen Deutschen Tanzlehrerverbandes", an Ostern 1965 mit. Bei ihrem ersten Staatsbesuch in der Bundesrepublik werde ihr "wohl der Ruf 'Königin Elisabeth' Freude bereiten". Hingegen sei "das Wort 'Heil' als Ausdruck des Jubels auszuschließen". Seit einem Jahr wird das Ereignis minutiös vorbereitet. Bereits 1958 ist Bundespräsident Theodor Heuss nach London gereist, seither steht ein britischer Gegenbesuch an. In der Zwischenzeit sind bereits zwei andere ehemalige Siegermächte in Westdeutschland mit staatlichen Ehren empfangen worden: 1962 war der französische Präsident Charles de Gaulle Staatsgast in Bonn, im Jahr darauf US-Präsident John F. Kennedy.

Der Besuch der Queen soll ebenfalls einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Die Protokoll-Abteilung des Auswärtigen Amtes hat für den Queen-Besuch eine halbe Million Mark zur Verfügung, den bis dahin größten Etat für einen Staatsbesuch. Elisabeth II. wird elf Tage durch die Bundesrepublik reisen. Neben der Bundesregierung erwarten sie acht Länderregierungen, acht Parlamentspräsidenten, 15 Stadtoberhäupter und 14 kalte Buffets. Dazu kommen Frühstücks- Mittags- und Abendempfänge sowie Goldene Bücher in 18 Städten.

50 Stunden Live-Berichterstattung

Am 18. Mai 1965 ist es soweit: Auf dem Flughafen Köln/Bonn wird Elisabeth II. mit 21 Salutschüssen begrüßt. Gemeinsam mit Bundespräsident Heinrich Lübke schreitet sie die Ehrenformation des Wachbataillons der Bundeswehr ab. Neben über 1.000 Journalisten und Vertretern des diplomatischen Corps ist auch das gesamte Kabinett von Bundeskanzler Ludwig Erhard (CDU) vor Ort. "Wir sind sehr glücklich und froh, dass Sie hier sind", sagt Lübke beim Empfang auf Schloss Brühl. "Ihren Besuch, Majestät, verstehen wir auch als ein Zeichen wachsenden Vertrauens zu unserem Volk."

Über die mehr als 3.000 Kilometer lange Reise der Queen durch die Bundesrepublik berichtet das Fernsehen insgesamt 50 Stunden live. Im Hörfunk gibt es jeden Tag Sondersendungen. Überall, wo Elisabeth II. und Prinzgemahl Philip auftauchen, herrscht Begeisterung. Die Bundesregierung versucht, diese zu lenken. Im Auftrag des Bundespresseamtes habe die "Mobilwerbung GmbH" Fähnchen verteilt und Schulklassen bestellt, sagt die Historikerin Simone Deix: "Man hatte Sorge, dass es zu 'Heil'-Rufen kommen könnte." Es sei eine andere Form des Ausdrucks angestrebt worden. "Es ging um die Suche nach einem demokratischen Jubel."

Hochrufe, Reden, Geschenke

Die Queen geht offen auf die Deutschen zu: Sie winkt, lächelt und spricht mit den Menschen - wenn sie im offenen Wagen, mit dem Zug oder auf einem Rheinschiff unterwegs ist. Elisabeth wird als "Königin der Herzen" bezeichnet. Neben guter Laune gehören auch schwere Themen zu ihrer Tour - zumindest am Rand. Gleich am zweiten Tag ihres Staatsbesuches legt die Queen am Ehrenmal in Bonn für die Opfer des Zweiten Weltkriegs einen Kranz nieder. In Berlin besucht sie zwar die Berliner Mauer, ihr Wagen hält aber nur kurz, sie steigt nicht aus. Nur Prinz Philip winkt in den Osten der geteilten Stadt.

In einem Resümee schreibt die "Welt am Sonntag" über den Besuch des britischen Staatsoberhauptes 20 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges: "Die Deutschen möchten wieder gesellschaftsfähig werden, zurückkehren in den internationalen Salon, aus dem sie sich selbst ausgeschlossen hatten. Das war der Sinn der vielen Reden und Geschenke, mit denen die Königin begrüßt wurde, der Verbeugungen und Hochrufe, die ihr galten."

Stand: 18.05.2015

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