Paris im Sommer 1784: Im Hotelzimmer von Benjamin Franklin sind die Fensterläden nicht geschlossen, deswegen wird der Amerikaner entgegen seinen Gewohnheiten bereits um sechs Uhr morgens wach. "Wäre ich nicht so früh geweckt worden, ich hätte noch sechs Stunden Tageslicht verschlafen und dafür sechs Stunden im Kerzenlicht verbracht, wobei Letzteres doch viel teurer ist als Ersteres", schreibt Franklin in einem Leserbrief an eine Pariser Zeitung und rechnet vor, dass die Menschen an der Seine jährlich 96 Millionen Livres an Wachs und Talg sparen könnten, wenn sie früher aufstehen würden. Die Idee der Sommerzeit ist geboren.
Benjamin Franklin: Wissenschaftler, Politiker, Autor und Geschäftsmann
Auch wenn viele Staaten in der Hoffnung Energie einzusparen noch heute im Frühjahr die Uhren eine Stunde vorstellen, ist die Sommerzeit sicherlich eine der weniger bedeutenden Errungenschaften von Franklin. Aber die Idee der Sommerzeit ist typisch für ihn: sparsam, pragmatisch und bürgernah - wie alle seine Erfindungen. Auch gefällt Franklin wohl, dass der Mensch am Morgen tendenziell weniger Versuchungen erliegt als im abendlichen Leben. Immerhin rät er zeit seines Lebens zu Fleiß, Sparsamkeit und einem sittlichen Verhalten. Er selbst notiert jeden Abend in einem kleinen Oktavheft, ob er seine moralischen Grundsätze befolgt oder gesündigt hat.
Drucker und Ratgeber
Geboren wird Benjamin Franklin als Sohn eines Seifenmachers am 17. Januar 1706 in Boston. Er ist begabt und bringt sich mit drei Jahren selbst das Lesen bei. Doch das Geld ist angesichts seiner 16 Geschwister knapp. Die Schulbank drückt der spätere Gründer der University of Pennsylvania gerade einmal zwei Jahre lang. Mit zwölf Jahren gibt sein Vater ihn in die Buchdruckerlehre zu einem älteren Bruder. Um Geld für eigene Bücher zusammenzusparen, verzichtet der Junge auf den Mittagstisch der Lehrlinge und lebt von Wasser und Brot. Bald beginnt er, selbst zu schreiben. Mit 16 verfasst er anonym politische Briefe, schiebt diese nachts unter der Tür seines Bruders hindurch, der sie druckt.
Nach einem Aufenthalt in England kehrt er mit 20 Jahren an die Ostküste zurück und gründet seinen eigenen, modernen Buchdruckerbetrieb. Franklin wird in den folgenden Jahren zu einem der vermögendsten und angesehensten Bürger Philadelphias. Lebenslang predigte der Multimillionär den Traum, der für die meisten Amerikaner bis heute nichts von seiner Faszination eingebüßt hat: Jeder kann es zu Ansehen und Reichtum bringen, wenn er nur fleißig, ehrlich und fromm ist. Vom Tellerwäscher zum Millionär oder im Fall Franklins vom Druckerlehrling zum Politiker, Diplomat, Erfinder und Verleger.
Politiker und Wissenschaftler
Mit 42 Jahren zieht sich Franklin vom Geschäft zurück. Er hat seiner Meinung nach genug Wohlstand erwirtschaftet und kann sich fortan ganz seinen naturwissenschaftlichen Forschungen und der Politik widmen - mit ebenfalls großem Erfolg. Nachdem er sich als Friedensrichter und Ratsherr in Philadelphia engagiert hat, lässt er sich 1751 ins Abgeordnetenhaus von Pennsylvania wählen. Gemeinsam mit den anderen Gründervätern führt Franklin die Bewohner aller 13 nordamerikanischen Kolonien in die Unabhängigkeit von der britischen Krone. Sowohl die Unabhängigkeitserklärung als auch die Verfassung tragen seine Unterschrift.
Daneben stößt Franklin Dutzende gemeinnützige Projekte vor allem in Philadelphia an: eine Freiwillige Feuerwehr, die erste Leihbibliothek, Straßenbeleuchtung, Pflasterung der matschigen Wege durch die Stadt sowie das erste Krankenhaus. Sein Motto: "Die nobelste Frage der Welt lautet: Welche guten Taten kann ich in ihr verrichten?"
In seinen letzten Lebensjahrzehnten sorgt Franklin als Naturforscher für Furore. Er erfindet den Blitzableiter, außerdem entwickelt er einen Vorläufer der Gleitsichtbrille und einen nicht-rußenden Ofen. Seine wohl schönste Kreation ist die Glasharmonika: ein Musikinstrument mit einem geheimnisvollen Klang, für das Mozart sogar zwei Kompositionen schreibt. Das Mulitalent Franklin stirbt am 17. April 1790 in Philadelphia.
Stand: 17.04.2015
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