Alfred Herrhausen, Vorstandssprecher der Deutschen Bank

Stichtag

30. Januar 1930 - Alfred Herrhausen wird geboren

Die Deutsche Bank gilt als Symbol für Geld, Macht und politischen Einfluss. In den 1980er Jahren prägt vor allem Vorstandssprecher Alfred Herrhausen das Image des Finanzhauses. Wegen seiner unkonventionellen Konzepte ist der Manager eine Ausnahmeerscheinung innerhalb der deutschen Wirtschaftselite - und einer der mächtigsten Männer der Republik. Seine Autorität stützt sich unter anderem auf eine Reihe wichtiger Aufsichtsratsmandate, wie etwa der Posten als Aufsichtsratschef bei Daimler-Benz. Herrhausen ist gesellschaftlich gut vernetzt: Mit dem sowjetischen Präsidenten Michail Gorbatschow steht er in Kontakt, mit Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) ist er befreundet.

Geboren wird Herrhausen am 30. Januar 1930 in Essen als Sohn eines Ingenieurs der Ruhrgas AG. Während des Zweiten Weltkrieges besucht er als Hochbegabter die Nazi-Eliteschule "Napola" am Starnberger See. Er habe dabei keinen Schaden erlitten, sagt er später, sondern vielmehr preußische Tugenden erworben, wie etwa "die Freude an der Arbeit". Leistung zählt schon im Elternhaus. Herrhausens Zwillingsschwester Anne erinnert sich 2001 im Dokumentarfilm "Blackbox BRD": "Der Vater hat immer zu uns gesagt: 'Wenn Ihr im Leben was erreichen wollt, dann müsst Ihr immer mehr, mindestens eine Stunde mehr arbeiten als die Masse.'" Eigentlich will Herrhausen nach Kriegsende Philosophie studieren, findet aber keinen geeigneten Studienplatz. "Deshalb bin ich bei der Wirtschaftswissenschaft hängen geblieben."

Brillanter Intellekt und selbstsicheres Auftreten

Bereits als 22-Jähriger schließt Herrhausen 1952 an der Universität Köln sein Studium als Diplom-Kaufmann ab und promoviert drei Jahre später. Parallel zu seiner Doktorarbeit startet er seine Berufskarriere als Direktionsassistent bei der Ruhrgas AG in Essen. 1955 wechselt er zu den Vereinigten Elektrizitätswerken (VEW) nach Dortmund. Sein brillanter Intellekt und sein selbstsicheres Auftreten führen ihn bald zur Deutschen Bank, wo er 1970 Mitglied des Vorstandes wird. Herrhausen fällt durch ungewöhnliche Äußerungen auf. "Natürlich hat ein Haus wie die Deutsche Bank auch Macht", sagt er zum Beispiel. Die Frage sei jedoch nicht, ob sie Macht habe. "Entscheidend ist, ob wir damit verantwortungsvoll umgehen."

Sein öffentliches Bekenntnis zu Transparenz und Moral stößt bei seinen Vorstandskollegen auf Widerstand. Doch Herrhausen, ab 1985 einer von zwei Vorstandssprechern der Deutschen Bank, bleibt bei seiner Linie. Er orientiert sich nicht an kurzfristiger Gewinnmaximierung, sondern setzt auf langfristige Geschäftsstrategien. 1987 denkt er zum Beispiel über einen Schuldenerlass für Lateinamerika und Afrika nach: "Es steht hier mehr auf dem Spiel als nur Kapital und Zinsen", so Herrhausen. Die betroffenen Länder seien ungefestigte Demokratien. "Und wenn sie instabiler werden (...), so geht das auch zulasten der westlichen Industrienationen."

Tödlicher Bombenanschlag

Als er ab 1988 alleiniger Vorstandssprecher ist, macht Herrhausen die Deutsche Bank zum Global Player. Er kauft Banken in Italien und Spanien und errichtet Geschäftsvertretungen in Frankreich, Japan und den USA. "Der Kunde ist König und der Kunde internationalisiert sich", lautet seine Devise. "Wir müssen ihm folgen." In der Frankfurter Zentrale stößt Herrhausens Vorgehen immer mehr auf Skepsis. Vielen Vorstandskollegen gehen die Reformen zu weit, ist der Chef zu forsch, sein Umgang zu arrogant.

Der Herr des Geldes, wie ihn "Der Spiegel" nennt, hat viele Gegner, ja sogar Feinde. Als Topmanager gehört er zu den bestgeschützten Wirtschaftsführern der Republik. Trotzdem fällt Herrhausen am 30. November 1989 einem Anschlag zum Opfer. Seine gepanzerte Limousine wird durch die tödliche Explosion völlig zerstört. Ein Bekennerschreiben weist auf Mitglieder der sogenannten Dritten Generation der RAF hin. Generalbundesanwalt Alexander von Stahl verkündet 1992: "Wir wissen jetzt definitiv, dass Andrea Klump und Christoph Seidler Täter im Falle Herrhausen waren und wir kennen die Vornamen und das Aussehen von zwei weiteren Tätern." Doch diese Darstellung erweist sich später als falsch, die beiden Genannten kommen als Täter nicht infrage. Das Attentat ist bis heute ungeklärt.

Stand: 30.01.2015

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