Rudern: Gemeinsam Gegeneinander

00:59 Min. Verfügbar bis 24.07.2026

Trotz Angstörung und Depression - Tabea Schendekehl bei Olympia

Stand: 24.07.2024, 15:24 Uhr

Ruderin Tabea Schendekehl kämpft in Paris um eine Medaille - nachdem sie wegen Angststörung und Depression eine Auszeit nahm.

Von Jakob Halbfas

"Alle wollen ins Boot. Bei den Männern ist das der Deutschland-Achter, bei den Frauen ist das der Doppelvierer", sagt Alexander Schmidt, Trainer des deutschen Doppelvierers der Frauen in der Dokumentation "Gemeinsam gegeneinander - Vier Ruderinnen für Olympia.", einer Episode des ARD-Formats "Generation F", das Sportlerinnen auf dem Weg zu Olympia begleitet hat.

Über drei Monate lang kämpften Anfang des Jahres neun Sportlerinnen um die vier Startplätze für die Olympischen Spiele. Und das nicht für irgendein Boot. "Das ist das Traditions-Boot, das erfolgreichste Boot, das wir haben", sagt Schmidt.

Schendekehl führt Doppelvierer an

Der Doppelvierer der Frauen ist seit der Aufnahme in das olympische Programm 1988 immer in die Medaillenränge gefahren - mit einer Ausnahme: Bei den Spielen in Tokio 2021 verpasste das Boot mit Platz fünf das fest eingeplante Edelmetall. In Paris soll alles besser werden. In drei harten Trainingslagern wurde das aus Trainersicht stärkste Quartett zusammengestellt. Mit dabei: Tabea Schendekehl. Die 25-Jährige aus Lünen führt das Quartett als Schlagfrau an. "Tabea ist eine der stabilsten und stärksten Sportlerinnen die wir haben", sagt Schmidt.

Dieses Element beinhaltet Daten von Instagram. Sie können die Einbettung auf unserer Datenschutzseite deaktivieren.

Den Kampf um das Olympia-Ticket nahm Schendekehl selbstbewusst, aber auch gut gelaunt und mit einer gewissen Lockerheit an. Trotz der Konkurrenz-Situation ist ihr der Spaß am Rudern anzumerken. Während der Olympia-Vorbereitung sagt Schendekehl: "Ich finde den Rudersport ganz wundervoll, weil es der ultimative Teamsport für mich ist." Das war aber nicht immer so.

Offener Umgang mit Angststörung und Depression

Schendekehl hat eine Angststörung und eine Depression. "Ich habe seit fünf, sechs Jahren immer wieder Probleme damit gehabt, dass ich Angst- und Panikattacken hatte. Sehr lange wusste ich nicht, was es ist." Der Spaß am Sport war in dieser Zeit verschwunden. "Wenn ich keine Bestleistungen auf dem Ergometer gebracht habe, dann war das eine extrem große Enttäuschung für mich", berichtet die 25-Jährige, die beim Ruderclub Hansa von 1898 in Dortmund trainiert. Und auch Erfolge konnte Schendekehl nicht mehr feiern. "Ich habe mich nicht mehr über Bestleistungen gefreut."

Schendekehl nahm eine Auszeit vom Leistungssport und konzentrierte sich auf andere Dinge. Sie verbrachte viel Zeit in den Bergen oder auf dem Rad. "Das hat sehr geholfen, weil ich Sport machen konnte ohne Leistungsgedanken." So ganz ohne ihre große Leidenschaft ging es dann aber doch nicht. "Ich habe das Rudern doch sehr vermisst und mir gesagt, ich komme zurück nach Deutschland und ich probiere es noch mal." Die junge Athletin spricht sehr offen über ihre Krankheit und auch darüber, dass sie dank der täglichen Einnahme von Medikamenten ihren Angst- und Stresspegel "ein bisschen niedriger halten kann."

Neben dem Rudern: Kunststudium in den USA

Dass ihr dabei auch ihre Lockerheit hilft, zeigt ein Ausschnitt in der ARD-Dokumentation ganz deutlich. Als Mitstreiterin Carlotta Nwajide sagt: "Ich hatte heute Morgen vorm Rudern vier Espresso-Shots und jetzt nochmal drei. Von irgendwas muss man ja abhängig sein", antwortet Tabea Schendekehl lachend: "Ja, von Antidepressiva."

Neben dem lockeren Umgang mit ihrer Diagnose hilft ihr die Kunst als Ausgleich zum Leistungssport. In den USA hat Schendekehl an der University of Washington ein Kunststudium abgeschlossen. Sie habe sich viel mit ihrem eigenen Körper beschäftigt. Selbstportraits halfen ihr dabei den "Prozess zur Selbstliebe zu finden."

Letzte Vorbereitungen vor dem Start am Samstag

Gefunden hat sich auch das Ruder-Quartett, das bei den Olympischen Spielen in Paris bereits am kommenden Samstag im Vorlauf zum ersten Mal an den Start geht. Hinter Schendekehl sitzen dann Pia Greiten, Leonie Menzel und Maren Völz in dem schmalen Boot, als Ersatzruderin fährt Frauke Hundeling mit nach Paris. Gemeinsam haben sich die vier in den letzten Tagen vor der Abreise in Ratzeburg in Schleswig Holstein vorbereitet. "Trainingslager ist nicht immer einfach, aber wir machen das Beste daraus", schrieb Schendekehl vergangene Woche auf Instagram.

Dieses Element beinhaltet Daten von Instagram. Sie können die Einbettung auf unserer Datenschutzseite deaktivieren.

In Paris sind die Ansprüche dann ab Samstag deutlich größer. "Das Ziel ist natürlich, im besten Fall eine Medaille zu holen", sagt Tabea Schendekehl.