Tschechiens Nationalspieler Patrik Schick in Aktion.

Tschechiens Schick - zwischen Sorgenkind und Torschützenkönig

Stand: 23.06.2024, 15:16 Uhr

Bayer Leverkusens Patrik Schick soll Tschechien bei der Fußball-EM in die K.o.-Runde schießen. Die tschechischen Fans setzen große Hoffnungen auf den Bundesliga-Stürmer - der jedoch kämpft einmal mehr mit Verletzungspech.

Die glorreichen Zeiten der Tschechen mit Stars wie Pavel Nedved oder Milan Baros sind lange vorbei. Dennoch ist das Team von Trainer Ivan Hasek nicht zu unterschätzen. Einer der Hoffnungsträger ist dabei Stürmer Patrik Schick. Der Profi von Double-Gewinner Bayer Leverkusen überzeugte in der Bundesliga zuletzt mit spielerischer Klasse und Torgefahr - eine Kombination, die man bei Mittelstürmern nur selten findet.

Allerdings plagt sich Schick auch immer wieder mit Verletzungen rum - so auch bei der EM. Blieb der Stürmer bei der EM-Auftaktniederlage der Tschechen gegen Portugal noch blass, hatte er beim 1:1 am Samstag gegen Georgien den Ausgleich erzielt. Es war sein turnierübergreifend sechster EM-Treffer, wodurch Schick zum tschechischen Rekordtorschützen bei den kontinentalen Titelkämpfen aufgestiegen war. Zehn Minuten später verletzte sich der Bayer-Profi dann aber an der Wade und musste ausgewechselt werden. Er nahm anschließend mit schwer enttäuschter Miene auf der Bank Platz.

Nun hofft Tschechien vor seiner entscheidenden Vorrundenpartie gegen die Türkei auf eine EM-Rückkehr des Torjägers. "Die erste Untersuchung hat uns leichte Hoffnung gemacht", berichtete Co-Trainer Jaroslav Köstl bei einem Medientermin am Sonntag, "was nach dem Spiel überhaupt nicht mehr der Fall war". Der Assistent von Nationaltrainer Ivan Hasek verwies auf eine noch ausstehende MRT-Untersuchung, die Aufschluss darüber geben wird, ob Schick am Mittwoch gegen die Türken auflaufen kann.

Schick über ein Jahr verletzt

In der Nationalmannschaft kann Schick mit 20 Treffern in 40 Länderspielen eine gute Quote vorweisen. Außerdem strotzt der Angreifer nach der starken Saison in Leverkusen nur so vor Selbstvertrauen, hatte er doch mit vielen späten Toren großen Anteil am Erfolg der "Werkself".

Doch das Thema Verletzungen ist für Schick ein ewiger Begleiter: Seit dem 20. Oktober 2022 verpasste er mit Adduktorenbeschwerden und einer Wadenverletzung insgesamt 40 Spiele in der Bundesliga. Auch fiel Schick für die gesamte EM-Qualifikation der Tschechen aus.

EURO 2024: Diese Spieler aus NRW sind dabei

Bei der Fußball-Europameisterschaft in Deutschland (14. Juni bis 14. Juli) sind in den endgültigen Kadern 20 Spieler aus Nordrhein-Westfalen dabei.

Bundestrainer Julian Nagelsmann hat den Dortmunder Emre Can für die EM nachnominiert.

Emre Can (Deutschland/Borussia Dortmund): Kurz vor dem EM-Start hat der Dortmunder Emre Can (30) doch noch den Sprung in den deutschen EM-Kader geschafft. Da Aleksandar Pavlovic (19/Bayern München), der zuletzt wegen eines Infekts im Trainingslager fehlte, für die Heim-EM komplett ausfällt, hat Bundestrainer Julian Nagelsmann Can nachnominiert. 

Emre Can (Deutschland/Borussia Dortmund): Kurz vor dem EM-Start hat der Dortmunder Emre Can (30) doch noch den Sprung in den deutschen EM-Kader geschafft. Da Aleksandar Pavlovic (19/Bayern München), der zuletzt wegen eines Infekts im Trainingslager fehlte, für die Heim-EM komplett ausfällt, hat Bundestrainer Julian Nagelsmann Can nachnominiert. 

Nico Schlotterbeck (Deutschland/Borussia Dortmund): Der Innenverteidiger von Borussia Dortmund zählt vom deutschen Kader bei der EM im eigenen Land und sprang in letzter Sekunde noch auf den EM-Zug auf. Er soll als Backup dem etablierten Verteidiger-Duo Konkurrenz machen.

Jonathan Tah (Deutschland/Bayer Leverkusen): Einer aus diesem etablierten Duo dürfte Jonathan Tah sein. Der Leverkusener spielte eine bärenstarke Saison und hat zusammen mit dem frischgebackenen Champions-League-Sieger Antonio Rüdiger von Real Madrid wohl die besten Startelf-Chancen im DFB-Team.

Robert Andrich (Deutschland/Bayer Leverkusen): Der Mann mit dem dichten Bart gilt als zweikampfstarker defensiver Mittelfeldspieler. Bei Leverkusen zeigte er seine Fähigkeiten vor allem in der Rückrunde. Er soll nun der Mann sein, der den deutschen Offensivkünstlern den Rücken freihält.

Florian Wirtz (Deutschland/Bayer Leverkusen): Rund einen Monat vor der EURO ist Wirtz gerade einmal 21 Jahre alt geworden - doch es soll seine EM werden. Längst hat er sich das Prädikat Weltklasse erarbeitet und wurde in der Bundesliga zum "Spieler der Saison" gewählt.

Niclas Füllkrug (Deutschland/Borussia Dortmund): "Lücke", wie Füllkrug aufgrund seiner Zahnlücke gerufen wird, gilt im deutschen Sturm als kopfball- und zweikampfstarke Alternative zu den sonst eher technisch versierten Nebenmännern. Seine Bilanz in 16 Länderspielen ist top: elf Tore und zwei Vorlagen.

Ian Maatsen (Niederlande/Borussia Dortmund): Abwehrspieler Ian Maatsen von Borussia Dortmund ist für das EM-Aufgebot der niederländischen Fußball-Nationalmannschaft nachnominiert worden. Bondscoach Ronald Koeman reagierte damit auf die jüngsten Verletzungen im Oranje-Team. Nach Frenkie de Jong vom FC Barcelona musste auch Mittelfeldspieler Teun Koopmeiners (Atalanta Bergamo) für das Turnier passen.

Gregor Kobel (Schweiz/Borussia Dortmund): Eigentlich ist der BVB-Torwart einer der besten seiner Zunft - und muss doch bei der Schweiz hinten anstehen. Denn mit dem ehemaligen Bundesligaspieler Yann Sommer hat er große Konkurrenz. Sommer spielte bei seinem neuen Klub Inter Mailand eine Fabel-Saison. Ein Torwartproblem hat die Schweiz wohl eher nicht.

Nico Elvedi (Schweiz/Borussia Mönchengladbach): Auch in der Innenverteidigung der Eidgenossen findet sich etwas NRW wieder: Der Gladbacher Elvedi soll einen Part in der Innenverteidigung übernehmen. Neben ihm agiert übrigens ein Ex-Dortmunder mit Manuel Akanji.

Granit Xhaka (Schweiz/Bayer Leverkusen): Wie auch beim Deutschen Meister aus Leverkusen ist Xhaka im Mittelfeld der Schweizer nicht wegzudenken. Seine Ruhe, Spielübersicht und Erfahrung waren bereits für Bayer extrem wertvoll und sollen nun den Eidgenossen zu einem starken Turnier verhelfen.

Josip Stanisic (Kroatien/Bayer Leverkusen): Und noch ein Deutscher Meister, der wohl bei der EURO antreten darf. Stanisic hofft auf die Startelf bei Kroatien. Kurios: Während der noch laufenden EURO wird der Verteidiger wieder ein Münchner, denn seine Leihe läuft am 30. Juni aus. Ob er dann noch im Turnier dabei ist, bleibt abzuwarten.

Alejandro Grimaldo (Spanien/Bayer Leverkusen): Der Leverkusener Linksverteidiger hat eine überragende erste Bundesliga-Saison hinter sich. Offensiv- und laufstark war er einer von vielen starken Transfers bei Bayer. Seine Stärken haben ihn nun auch zur EURO getragen.

Jeremie Frimpong (Niederlande/Bayer Leverkusen): Der Niederländer wird seit Wochen als einer der heißesten Wechselkandidaten gehandelt. Angeblich hat halb Europa Interesse am Flügelflitzer mit dem Bayer-Kreuz. Bei der EURO könnte sich Frimpong noch weiter in den Fokus spielen und seinen Preis in die Höhe treiben.

Donyell Malen (Niederlande/Borussia Dortmund): Wochenlang war Malen in der Rückrunde der formstärkste Dortmunder, dann zwangen ihn Oberschenkelprobleme zur Auszeit. Dennoch traf er immerhin 13-mal das Tor in dieser Saison. Es scheint, er wäre beim BVB richtig angekommen und konnte sich dort für die Niederlande empfehlen.

Max Wöber (Österreich/Borussia Mönchengladbach): Eigentlich sollte Max Wöber die Gladbacher Defensive stabilisieren, doch der Österreicher agierte zumindest unglücklich und hatte etwas Verletzungspech. Seine Leihe von Leeds United läuft Ende Juni aus - eine gute EM würde ihn aber wieder interessant für neue Arbeitgeber machen.

Marcel Sabitzer (Österreich/Borussia Dortmund): Am Anfang wurde der Mittelfeldspieler äußerst skeptisch begutachtet: Zu schwankend waren seine Leistungen beim BVB. Doch je länger die Spielzeit 23/24 dauerte, desto mehr steigerte sich Sabitzer und wurde zur absoluten Führungsfigur im Dortmunder Team. In der Form wie zuletzt beim BVB braucht ihn auch Österreich.

Salih Özcan (Türkei/Borussia Dortmund): Unter Sabitzers starken Leistungen litt zunehmend Özcan. Mit viel Vorschusslorbeeren vom 1. FC Köln gekommen, schaffte es der Deutsch-Türke nicht, sich einen Stammplatz in Dortmund zu erspielen. Ob das bei seinem Nationalteam anders wird?

Florian Kainz (Österreich/ 1. FC Köln): Dass Mittelfeldspieler Kainz den Sprung in den österreichischen EM-Kader schaffen würde, war nicht unbedingt abzusehen. MIt dem 1. FC Köln war er gerade aus der Bundesliga abgestiegen, auch für Kainz persönlich war es eine Saison mit viel Schatten. ÖFB-Trainer Ralf Rangnick interessierte das nicht und nahm den Kölner mit.

Matej Kovar (Tschechien/Bayer Leverkusen): Der Leverkusener "Pokaltorwart" schaffte es mit Bayer bis ins Europa-League-Finale und holte den DFB-Pokal. Kovar war eine mehr als solide Alternative zum Finnen Lukas Hradecky und hat sich seine EM-Teilnahme verdient.

Adam Hlozek (Tschechien/Bayer Leverkusen): Der Stürmer war für Leverkusen der perfekte Ergänzungsspieler. Kam er rein, sorgte er oft für Torgefahr. Dennoch beklagte sich Hlozek nie über seine Jokerrolle. Der Angrreifer ist noch jung und besitzt viel Potenzial. Er wird bei der EURO seine Chancen bekommen.

Patrik Schick (Tschechien/Bayer Leverkusen): Dass Hlozek nicht von Anfang an spielte, verdankte er unter anderem seinem Landsmann. Schick war lange verletzt, doch nach seinem Comeback schnell wieder bei alter Stärke. Er dürfte auch bei Tschechien Stürmer Nummer eins sein - mit dem jungen Herausforderer im Nacken.

Über die Strahlkraft des tschechischen Angreifers

Dennoch vertraut Hasek dem Angreifer, schließlich hat er sein Können auch im Nationaltrikot bereits mehrfach bewiesen. Bei der vergangenen Europameisterschaft etwa wurde er mit fünf Turniertoren in fünf Einsätzen Torschützenkönig der Endrunde - gemeinsam mit Cristiano Ronaldo. Beim Wiedersehen mit Portugals Superstar am Dienstag (18.06.2024) hatten die Iberer das bessere Ende für sich, gewannen das EM-Duell mit 2:1.

Zwar ist "CR7" ein bei Weitem größerer Star, doch auch Leverkusen-Stürmer Schick wohnt eine Strahlkraft inne. Das zeigte sich beim Trainingsauftakt der Tschechen vor etwa 1.000 Fans in Hamburg. Der größte Jubel galt Schick. Dessen Autogramm war hinterher besonders begehrt, 25 Minuten nahm er sich Zeit.

Stürmer Schick ist ein Prager Aushängeschild

Unter Tschechen ist Schick natürlich nicht erst seit dem Double-Gewinn mit Bayer Leverkusen ein Star. Der Angreifer ist ein personifiziertes Aushängeschild der Stadt Prag und der dortigen Fußball-Nachwuchsarbeit. Am 24. Januar 1996 wurde er in der Hauptstadt geboren, begann später auch seine Profi-Karriere bei den beiden Prager Fußballvereinen Sparta und Bohemians.

Nachdem er bei Bohemians in der Erstliga-Saison 2015/16 acht Tore und einen Assist in 27 Partien beigesteuert hatte, sicherte sich der italienische Klub Sampdoria Genua für vier Millionen Euro die Dienste des 20-Jährigen. Der Serie-A-Konkurrent AS Rom klatschte nur ein Jahr später ab und Schick, der für Genua in 32 Liga-Spielen elfmal getroffen hatte, schloss sich den "Giallorossi" an.

Nach einem einjährigen Leihgeschäft mit RB Leipzig wechselte er dann 2020 von der Roma zu Bayer Leverkusen und schlug sein bisher erfolgreichstes Kapitel auf. Schicks Ausbeute im Leverkusen-Trikot liest sich eindrucksvoll: Er erzielte bislang in 123 Pflichtspielen 55 Tore und gab elf Vorlagen. 2021 und 2022 wurde er zum tschechischen Fußballer des Jahres gewählt.

Schick könnte bei EM an Rosicky vorbeiziehen

Und auch Trainer und Manager wissen ganz genau, was sie am 1,91 Meter großen Mittelstürmer haben, der durch seine Robustheit und Zielstrebigkeit, aber auch Spielstärke besticht. So sagte Leverkusens Geschäftsführer Simon Rolfes Ende 2023, da war Schick gerade mal wieder nach einer Verletzung zurück im B04-Aufgebot: "Was man bei ihm merkt, ist, dass er ein gutes Spielverständnis hat, gut anspielbar ist, das Spiel auch ein bisschen mitgestaltet."

Seine Qualitäten sind eben auch in den Verletzungspausen noch nie abhanden gekommen. Nun könnte Schick (19 Treffer), wenn ihm wie bei der letzten EM fünf Tore gelingen würden, zwei Größen in der tschechischen Nationalmannschaftsgeschichte nach Treffern überholen. Auf Platz fünf der ewigen Torschützenliste des Landes steht Pavel Kuka (22 Tore), davor Tomas Rosicky (23). In Sichtweite ist auch Vladimir Smicer (26) auf Platz drei, Milan Baros (41) und Jan Koller (55) sind derweil noch weit weg.

Quelle: cla/jti/ph