30. März 1912 - Der Schriftsteller Karl May stirbt in Radebeul
Stand: 25.03.2022, 14:50 Uhr
Karl May prägt mit seinen Abenteuerromanen das Cowboy- und Indianerbild ganzer Generationen. Seine Geschichten um Winnetou, Old Shatterhand oder Kara Ben Nemsi machen ihn zu einem der meistgelesenen Autoren deutscher Sprache. Am 30. März 1912 stirbt Karl May im sächsischen Radebeul an einer Lungenentzündung.
In Enge und Armut verlebt der spätere Romancier Kindheit und Jugend. Der Vater schlägt zu, wenn er die Nerven verliert, bastelt Spielzeug, wenn es ihm gut geht. Die Mutter lässt sich zur Hebamme ausbilden. Dennoch liegt der Verdienst stets unter dem Existenzminimum.
Vom Dieb zum Dichter
Dank eines Stipendiums wird Karl May Lehrer, leiht sich jedoch ungefragt die Uhr eines Kollegen: Der 19-Jährige landet im Knast, verliert die Anstellung.
Karl May wird zum Pferdedieb und Hochstapler. Er versteckt sich in still gelegten Eisenerzstollen, sitzt mehrfach hinter Gittern. Mit Anfang 30 wandelt sich der Dieb zum Dichter. In den Anfängen schreibt Karl May Humoresken, erzgebirgische Dorfgeschichten, Groschen-Romane.
Abenteuerromane haben Konjunktur
1875 erscheint die erste Indianer-Geschichte, sechs Jahre später der Orientzyklus. Abenteuerromane haben Konjunktur.
Karl May inszeniert sich als gelehrter Weltreisender, der vorgibt, als Old Shatterhand den Wilden Westen besucht zu haben und als Kara Ben Nemsi, also Karl, Sohn der Deutschen, in den Orient gezogen zu sein.
Aber bis dahin bereist Karl May nie die Schauplätze seiner Geschichten. Er erschließt sich Vieles in seiner Phantasie, über Nachschlagewerke oder auch Abenteuer-Periodika.
Ein Popstar mit vielen Identitäten
Karl May wird zum literarischen Popstar mit vielen Identitäten, der sein eigenes Leben romantisiert und literarisiert. Die Reiseerzählungen sind Besteller.
Laut des Literaturwissenschaftlers und Karl May-Experten Helmut Schmiedt ist Karl May völlig davon überzeugt, dass die europäische, christlich geprägte Kultur in ihrer deutschen Ausprägung der Gipfelpunkt der kulturgeschichtlichen Entwicklung sei. Insofern ist Karl May also auch ein Kind des kolonialistischen Zeitalters.
Auf der anderen Seite bemüht sich sein Held Winnetou immer wieder, Konflikte friedlich zu lösen, er möchte, dass andere Kulturen respektiert werden.
Im Alter zum Pazifismus gefunden
Laut Schmiedt entwickelt Karl May sich im Alter in Richtung Pazifismus. Er richtet sein Denken und Handeln auf friedliche, harmonische, ausgleichende Beziehungen zwischen den Völkern aus und positioniert sich damit auch deutlich antikolonialistisch.
Im März 1912 reist Karl May auf Einladung Bertha von Suttners, der ersten Frau, die mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet wird, nach Wien.
Vortrag für das friedliche Zusammenleben
Wenige Tage vor seinem Tod hält Karl May dort in den Sophiensälen noch seinen letzten großen Vortrag, mit dem Titel "Empor ins Reich der Edelmenschen, dass wir nach friedlichem Zusammenleben streben sollten."
Karl Mays Grab in Radebeul
Zurück in Radebeul erkrankt er an einer Lungenentzündung, von der er sich nicht mehr erholt. Er stirbt am 30. März 1912, einen Monat nach seinem 70. Geburtstag. Sein Grab ist ein Monument aus weißem Marmor, ein Zitat auf den Athener Nike-Tempel.
Autorin des Hörfunkbeitrags: Claudia Friedrich
Redaktion: David Rother
Programmtipps:
ZeitZeichen auf WDR 5 (9.45 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 30. März 2022 an Karl May. Das ZeitZeichen gibt es auch als Podcast.
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