Porträtbild von Carl von Linde (1842-1934), deutscher Ingenieur, Unternehmer und  Gründer der Firma Linde.

11. Juni 1842 - Carl von Linde wird geboren

Stand: 31.05.2022, 12:32 Uhr

Eigentlich soll Carl von Linde Theologie studieren. Doch den Pfarrerssohn faszinieren Maschinen mehr als Kirchen. Er entscheidet sich für ein Ingenieursstudium und wird zum Pionier der künstlichen Kälte – was zuerst vor allem die Bierbrauer begeistert.

Untergäriges Bier braucht beim Gärprozess und während der Lagerung Kälte. Noch im 19. Jahrhundert müssen Brauer deshalb große Anstrengungen unternehmen, etwa Natureisblöcke im Winter schlagen, mit denen sie ihre Keller möglichst lange kühl halten. Dennoch wird im Sommer das Bier nicht selten sauer.

Abhilfe schafft Carl von Linde, ein junger Professor der Technische Hochschule München. In einem Aufsatz beschreibt er 1871, dass die zu seiner Zeit üblichen Kälteanlagen aus Sicht der technischen Thermodynamik nicht optimal sind, sondern sogenannte Kompressionsverfahren bessere Ergebnisse liefern.

Carl von Linde, Kälte-Ingenieur (Geburtstag, 11.06.1842)

WDR Zeitzeichen 11.06.2022 14:43 Min. Verfügbar bis 11.06.2099 WDR 5


Download

Dabei werden Gase wie Methylether oder Ammoniak unter Druck verflüssigt und entziehen der Luft die Wärme. Die so erzeugte Verdunstungskälte kann in geschlossenen Behältnissen Nahrungsmittel kühlen.

Kälte wird unverzichtbar

Diese zunächst nur theoretischen Erkenntnisse setzt Linde bald in die Praxis um und konstruiert eine Eis- und Kühlmaschine. Der Wissenschafter bringt mit viel Ausdauer und Hingabe seine Maschine zur Marktreife, hängt die Professur an den Nagel und gründet 1879 die "Gesellschaft für Lindes Eismaschinen".

Bald schon erwärmen sich nicht nur Brauer für die moderne Kältetechnik, auch Metzger, Molkereien und andere Lebensmittelproduzenten sind von der künstlichen Kühlung begeistert. Lindes Maschinen werden zum unverzichtbaren Bestandteil der Zivilisation. Der Unternehmer und Erfinder wird vom bayerischen König geadelt.

Aufgewachsen im Pfarrerhaus

Geboren wurde der Garant für Kälte am 11. Juni 1842 als Pfarrerssohn im oberfränkischen Berndorf. Vom Vater erbt er den protestantischen Arbeitsethos, schon früh widmet Linde seine ganze Aufmerksamkeit der Technik. "Insbesondere die großen Kraftmaschinen – Turbinen und Dampfmaschinen – zogen mich mächtig an", erinnert sich Carl von Linde später.

Das Ingenieursstudium in Zürich kann er jedoch nicht beenden, als Sprecher einer Studentenrevolte wird er von der Universität verbannt. Da haben seine Professoren längst sein Potenzial erkannt und geben ihm Empfehlungsschreiben mit auf dem Weg, die ihm bei Industrieunternehmen die Türen öffnen.

Grenzgänger zwischen Wissenschaft und Werkstatt

Linde wird zum Grenzgänger zwischen Wissenschaft und Werkstatt, zwischen Forschung und Industrie. Mehrmals wechselt er die Seiten. Nachdem er seine Kältemaschinen erfolgreich im In- und Ausland verkauft hat, geht er wieder an die Hochschule zurück. Jetzt entwickelt der Professor technische Gase, deren Vermarktung die Linde AG später zum Weltmarktführer aufsteigen lässt.

Linde selbst gilt als ehrgeizig, aber auch eigenbrötlerisch. Er hält Werbung für seine Produkte für überflüssig. Als die Presse euphorisch über seine Luftverflüssigung berichtet, sagt Linde alle Vorträge ab, "um dem unerfreulichen Rummel ein für alle Mal ein Ende zu machen."

Zugleich engagiert sich Carl von Linde ehrenamtlich, unter anderen bei der Gründung und Verwaltung des Deutschen Museums. Er sorgt zudem dafür, dass ein Teil der Unternehmensgewinne für zusätzliche Renten der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen sowie für Betriebswohnungen ausgegeben werden. Der Unternehmer Carl von Linde stirbt 1934, die Firma leitet da bereits sein Sohn.

Autor des Hörfunkbeitrags: Wolfgang Burgmer
Redaktion: David Rother

Programmtipps:

ZeitZeichen auf WDR 5 (9.45 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 11. Juni 2022 an Carl von Linde. Das ZeitZeichen gibt es auch als Podcast.

ZeitZeichen am 12.06.2022: Vor 10 Jahren: Die Psychoanalytikerin und Frauenrechtlerin Margarete Mitscherlich stirbt in Frankfurt am Main