Der Krimiautor Francis Durbridge

11. April 1998 - Der britische Krimiautor Francis Durbridge stirbt in London

Wenn seine Krimis im Radio oder später im TV laufen, sind die Straßen leergefegt. Einschaltquoten wie die Paul-Temple-Geschichten von Francis Durbridge haben heute nicht einmal die Finalspiele einer Fußball-WM.

In Deutschland gilt er als Meister der Straßenfeger: Als die Krimis "Melissa" oder "Das Halstuch" des britischen Radio-, Fernseh- und Krimi-Schriftstellers Francis Durbridge in den 1960er-Jahren im Fernsehen laufen, liegt die Einschaltquote um die 90 Prozent. Als großer Bewunderer von Edgar Wallace verfasst er sein erstes Kriminal-Stück bereits als Jugendlicher. Mit der Hörspielserie Paul Temple gelingt Durbridge 1938 in der englischen BBC der Durchbruch.

Francis Durbridge, Kultkrimi-Autor (Todestag, 11.04.1998)

WDR ZeitZeichen 11.04.2023 14:36 Min. Verfügbar bis 11.04.2033 WDR 5


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Paul Temple kommt ins Radio

Elf Jahre später läuft "Paul Temple" auch in Deutschland - entdeckt vom WDR-Hörfunk- und Fernsehspielregisseur Wilhelm Semmelroth.

Ja, Durbridge kam eigentlich zu mir in Form seines Agenten, ein Mr. Lynx. Lynx ist ja der Luchs und so war dieser Mann auch - ich dachte erst, der will mir ein Auto verkaufen. Und so kam er und zeigte mir das erste Manuskript von Paul Temple. Und ich las eines und es war dann sehr gut und dann haben wir's gemacht mit Rene Deltgen als Paul Temple und das war wunderbar. Wilhelm Semmelroth

Durbridge als Sozialisationsfaktor

"Wunderbar" trifft es auch heute noch, meint Bastian Pastewka, Comedian, Krimi- und Durbridge-Fan. Er ist mit Paul Temple sozialisiert worden. "'Der Fall Margaux' war mein erster, der kam irgendwann in den 1980er Jahren im "Krimi am Samstag", damals noch bei WDR. Ich hab' den gehört und dachte: das ist ja das Spannendste, was ich jemals höre, ne, mit 13, ne."

Eine Nachricht vom toten Gatten

Francis Durbridge erzeugt Spannung nicht mit viel Action und Blut, sondern mit auf den ersten Blick nebensächlichen Details. Wenn zum Beispiel der Detektiv in ein vollkommen leeres Haus geht, aber auf dem Klavier ein Metronom tickt. Oder der Frau eines Mordopfers, die ein Paket mit dem Lieblingshut des Gatten erhält. Darin ein Zettel, geschrieben vom verstorbenen Ehemann, zwei Tage nach dessen Dahinscheiden.

"Das Halstuch" fesselt ein Millionenpublikum

Szene aus "Das Halstuch" mit Heinz Drache und Dieter Borsche

Szene aus "Das Halstuch" mit Heinz Drache (re.) und Dieter Borsche

Als das Fernsehen immer mehr an Bedeutung gewinnt, verfasst Durbridge ab 1952 jährlich eine sechsteilige Krimi-Serie, die Millionen Briten vor den Bildschirm holt. Da sie damals noch live in der BBC gespielt und gesendet wird, gibt es keine Aufzeichnungen. Deutschland ist das erste Land, in dem eine eigene Adaption eines Durbridge-Stoffes mit einheimischen Stars im Fernsehen läuft.

Im Januar 1962 will die ganze deutsche Fernsehnation wissen, wer der Täter ist. Rund 20 Millionen Menschen sitzen gebannt vor drei Millionen Bildschirmen. Francis Durbridges erster Krimi-Mehrteiler "Das Halstuch" ist ein absoluter Quotenhit. Oder wie Norbert Blüm sagt:

Ein Straßenfeger! Kein Mensch mehr auf der Straße – nur noch ein paar entlaufene Hunde und Katzen. Sonst niemand, kein Auto und jeder fieberte mit. Norbert Blüm

Weltweiter Erfolg über den Tod hinaus

Durbridges Krimis verkaufen sich weltweit. Seine Fernseh-Serien werden in rund 90 Nationen gezeigt und dort oft jahrelang wiederholt. Nicht selten ist der Autor auch bei den Dreharbeiten anwesend.

Ab Mitte der 70er-Jahre verlegt Durbridge seine Mordgeschichten auf die Theater-Bühne. Das Fernsehen verlangt inzwischen nach mehr Blut und Brutalität im Krimi.

Am 11. April 1998 stirbt Francis Durbridge mit 85 Jahren nach langer Krankheit. Ab und zu sieht man seine Krimis noch im Fernsehen, seine Hörspiele gibt es auf CD.

Autorin des Hörfunkbeitrags: Ariane Hoffmann
Redaktion: Gesa Rünker

Programmtipps:

ZeitZeichen auf WDR 5 (9.45 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 11. April 2023 an den britischen Krimiautor Francis Durbridge. Das ZeitZeichen gibt es auch als Podcast.

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