ZeitZeichen
05.03.1995 - In Hamburg wird die Ausstellung „Verbrechen der Wehrmacht“ eröffnet
Stand: 23.01.2020, 13:14 Uhr
Im Umgang mit dem Nationalsozialismus folgten auf eine Zeit der Verdrängung in den 50er Jahren Phasen der Aufarbeitung. Wurden die Verbrechen der Nationalsozialisten zunächst vor allem Hitler, einer kleinen Clique seiner Paladine, der Gestapo und den Totenkopfverbänden der SS in die Schuhe geschoben, so änderte sich das seit den 60er Jahren mehr und mehr.
Von Heiner Wember
Die historische Forschung wies nach, dass die gesamte SS - also auch die zuvor nur als Elite-Truppe angesehene Waffen-SS - zutiefst in den Holocaust verwickelt war. Die Verstrickung von Polizei und Verwaltung, Justiz und Gesundheitswesen, auch der Geisteswissenschaften wurde immer deutlicher.
1995 brach dann das Hamburger Institut für Sozialforschung ein weiteres großes Tabu: die Rolle der Wehrmacht. Viele ehemalige Soldaten, die ihren Kriegseinsatz mit Gesundheit und Traumatisierung bezahlt hatten, mussten in der Ausstellung „Verbrechen der Wehrmacht“ erfahren, dass auch die Wehrmacht ein Teil des Eroberungs- und Vernichtungsapparates gewesen war.
Allerdings war die Ausstellung in einem unterschwellig aggressiven Ton gehalten und provozierte massive Proteste, vor allem aus rechtsnationalen Kreisen.
Als seriöse Historiker auch sachliche Fehler und falsch bezeichnete Fotos kritisierten, wurde sie gestoppt und von einer Historikerkommission überprüft. Die kritisierte zwar einzelne sachliche Fehler, bestätigte aber den Grundtenor der Ausstellung: dass die Wehrmacht in die Verbrechen des NS-Systems verstrickt war. Die überarbeitete Ausstellung wurde wieder gezeigt.
Redaktion: Ronald Feisel