Faeser will dicht machen: richtig so?
Verschärfte Kontrollen an allen deutschen Grenzen – so soll die Zahl unerlaubter Einreisen sinken. Ob das zu den umfassenden Zurückweisungen führt, wie sie die Union fordert, ist noch unklar. Klar ist: sechs Monate Grenzkontrollen ab der kommenden Woche. Was halten Sie von der Maßnahme der Innenministerin? Rufen Sie uns im WDR5 Tagesgespräch an!
Bundesinnen- und Bundesjustizministerium hatten über das Wochenende erneut geprüft, welche rechtlichen Schritte zur stärkeren Eindämmung der irregulären Migration möglich sind. Das Innenministerium teilte dann am Montagnachmittag mit, dass die Grenzkontrollen ab 16. September zunächst für sechs Monate eingeführt werden. Es gibt bereits Kontrollen an den Grenzen zu Polen, Tschechien, Österreich und der Schweiz. Künftig kommen Frankreich, Luxemburg, die Niederlande, Belgien und Dänemark hinzu.
Grund für eine Ausweitung seien neben einer Begrenzung der irregulären Migration "auch der Schutz der inneren Sicherheit vor den aktuellen Bedrohungen durch den islamistischen Terrorismus und grenzüberschreitende Kriminalität". Nach dem jüngsten Treffen mit Vertretern von Union und Bundesländern habe die Regierung "ein Modell für europarechtskonforme und effektive Zurückweisungen entwickelt". "Wir stärken die innere Sicherheit und setzen unseren harten Kurs gegen die irreguläre Migration fort", so Innenministerin Nancy Faeser (SPD).
Nach langem Zögern hat die Unionsfraktion ihre Teilnahme an weiteren Beratungen zur Asylpolitik mit der Bundesregierung zugesagt. "Wir werden das Gespräch heute Mittag führen", sagte der Parlamentsgeschäftsführer der Fraktion, Thorsten Frei. Zwischen Opposition und Regierung läuft derzeit ein Wettbewerb um die Führung beim Thema Migration. Die Union stellt Forderungen und Bedingungen auf, die Regierung versucht durch Ankündigungen eigener Maßnahmen das Thema für sich zu besetzen. Auch mit Blick auf die nächsten Wahlen in Brandenburg. Die werden natürlich auch bei der Union gesehen. Trotz des Wettbewerbs beim Thema Migration soll die Gesprächsbereitschaft erhalten bleiben. Die Regierung möchte sich nicht nachsagen lassen, sie habe der Union abgesagt bei dem populären Thema. Der Union geht es ebenso. Immer: In dem Punkt sitzen sie in einem Boot.
Ob die Grünen, ebenfalls Teil der Regierung, das auch so sehen, darf bezweifelt werden: Vor den geplanten Asylgesprächen zwischen Ampelregierung und Unionsfraktion hat die Grünen-Innenexpertin Irene Mihalic Forderungen von CDU-Chef Friedrich Merz nach umfassenden Zurückweisungen von Asylsuchenden an den deutschen Grenzen zurückgewiesen. "Alle Menschen, die an der deutschen Grenze ankommen und einen Asylbesuch stellen, die haben erst einmal einen Rechtsanspruch darauf, dass dieses Asylgesuch auch geprüft wird", sagte Mihalic am Dienstag im ARD-"Morgenmagazin". "Das heißt, diese Zurückweisung gerade dieser Personengruppe wäre in jedem Fall rechtswidrig. Also es würde nicht nur gegen nationales Recht verstoßen, sondern auch gegen Europarecht", fügte die parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen im Bundestag hinzu. Ihre Partei sei bereit, über eine Lösung in der Migrationsfrage zu reden. "Aber diese Lösungen müssen sich ja auf der Basis des Grundgesetzes und vor allen Dingen auch des Europarechts bewegen", betonte Mihalic.
Was haben wir hier: Symbolpolitik oder Migrationspolitik? Haben Sie auf einen solchen Schritt gewartet? Werden die Grenzkontrollen etwas verändern? Was halten Sie von dem neuen Kurs, den Regierung und Opposition bei dem Thema fahren? Sollte Deutschland das mit den europäischen Partnern besprechen, die – siehe Österreich – zurückgewiesene Personen nicht aufnehmen wollen?
Rufen Sie uns während der Sendung an (WDR 5 Hotline 0800 5678 555).
Gast: Dr. Raphael Bossong, Politikwissenschaftler bei der Stiftung Wissenschaft und Politik
Redaktion: Jessica Eisermann und Willi Schlichting