Wo sind die Grenzen der KI in der Medizin?

Künstliche Intelligenz wird in immer mehr Lebensbereichen immer deutlicher zur Selbstverständlichkeit. Auch in der Medizin – die damit möglicherweise vor einem gravierenden Veränderungsprozess steht. Was bedeutet das für Ärzte, was für Patienten?

Dass die Anwendung Künstlicher Intelligenz die Medizin verändert, ist unbestritten, sagt der Medizinethiker Giovanni Maio. KI in der Medizin, das betrifft bislang vor allem Entscheidungsunterstützungssysteme – die Künstliche Intelligenz scheint mehr Präzision zu versprechen und mehr Wissenschaftlichkeit; die Befürworter versprechen sich eine statistisch breitere Abstützung von Diagnostik und Therapie.

Der Medizinethiker Giovanni Maio

Da stellt sich schon fast die Frage: Kann die KI irgendwann den Arzt ersetzen? "Diese Annahme beruht auf einer Überschätzung der Möglichkeiten der KI und einer Unterbewertung der genuin ärztlichen Beurteilungsfähigkeit", sagt Giovanni Maio. "Die KI kann den Ärztinnen und Ärzten bestimmte Dinge abnehmen und Teilfunktionen übernehmen dadurch, dass sie eine Unterscheidungsstütze bietet. Die ärztliche Entscheidung selbst erfordert aber mehr als KI: sie erfordert ärztliches Beurteilungsvermögen – und dieses wird durch die KI nicht obsolet, sondern wichtiger denn je." Deshalb brauche es genau definierte ethische Regularien, wann und wie KI in der Medizin eingesetzt werden dürfe.

Ein Problem ist zum Beispiel, dass KI von Daten lebt – und die sind niemals neutral. Außerdem gibt es keine Transparenz, wie die Algorithmen arbeiten, wie also die Ergebnisse entstanden sind. Forschung wird durch Statistik ersetzt, die kann aber niemals einen Einzelfall einschätzen. Hinzu kommt, dass die Annahme trügt, ärztliche Entscheidungsprozesse beruhten ausschließlich auf Vorgängen, die in Rechenoperationen übersetzbar sind. Die Welt ist nicht vollständig in Daten abbildbar, gerade für die ärztliche Arbeit sind auch "sinnliche Erfahrung und die erfahrungsbasierte Expertise" wichtig, so Giovanni Maio.

Was kann die Künstliche Intelligenz im Gesundheitswesen? Wo stößt sie an ethische Grenzen? Inwieweit würden Sie Ihre Gesundheit einer Künstlichen Intelligenz anvertrauen?

Hörer:innen können mitdiskutieren unter 0800 5678 555 oder per Mail unter philo@wdr.de.

Redaktion: Gundi Große

Unser Podcast-Tipp: Die Entwicklung von KI geht rasend schnell. "Der KI Podcast" will dabei helfen, die Forschung und die Entwicklungen einzuordnen und aufzuklären. Jede Woche neu in der ARD Audiothek: https://www.ardaudiothek.de/sendung/der-ki-podcast/94632864/