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23.03 - 06.00 Uhr ARD Infonacht
Seitenansicht des brasilianischen indigenen Häuptlings Raoni Metuktire

Was können wir von indigenen Völkern lernen?

Durch den Klimawandel und das Artensterben steckt die Menschheit in einer existenziellen Krise. Diese Krise ist auch eine des Denkens, sagt der Philosoph und Biologe Andreas Weber. Mögliche Lösungen findet er bei indigenen Denk- und Lebensformen. Lassen sich hier Ideen für die Zukunft schöpfen?

"Wir haben ein Naturproblem. Wir sollten daher von den Menschen lernen, die keines hatten. Und wir haben ein Verteilungsproblem. Wir sollten uns etwas von denen abschauen, die alles verteilen", argumentiert Andreas Weber. Er bezieht sich auf indigene Kulturen, die seit Jahrtausenden im ökologischen Gleichklang mit der Natur leben – und schlägt vor, das wieder zu entdecken, was er deren "Indigenialität" nennt: Eine Idee der Verbundenheit, die den Menschen mit seinem Denken und Handeln als Teil der Natur betrachtet, dessen Leben ins große Ganze eingebettet ist.

Andreas Weber

Der Philosoph Andreas Weber

"Indigenialität heißt, sich als aktiven Teil eines sinnvollen Ganzen zu verstehen und so zu handeln, dass die eigene Lebensqualität die dieses Ganzen steigert. Indigenialität heißt, die Welt nicht länger in unauflösbaren Gegensätzen zu denken und an deren Widersprüchen zu verzweifeln", argumentiert Andreas Weber. Hier spielt er auf das abendländische Denken an, das immense Wirkungen hatte und unsere Gegenwart grundiert; insbesondere mit dem Gegensatz zwischen "Natur" und "Kultur". Etwas zugespitzt, stellt sich die Frage, ob sich diese Art des Denkens mit der großen ökologischen Krise möglicherweise überholt hat. Ist es Teil der Lösung oder Teil des Problems?

"Der Abschied vom Dualismus, von der Opposition zwischen Kultur und Natur bedeutet weit mehr als eine philosophische Revolution. Er verschiebt die Grundannahmen und die Handlungsmöglichkeiten in den wichtigsten Feldern der Praxis", sagt Andreas Weber. Es stellt sich aber natürlich die Frage, inwiefern und inwieweit so ein neues Denken samt "ökologischer Lebenskunst" in einer hochkomplexen, globalen Gesellschaft überhaupt realisierbar sein kann.

Was halten Sie vom Konzept der Indigenialität? Was kann ein anderes Denken mit Blick auf die ökologische Krise bewirken? Wie ist Ihr Verhältnis zur Natur?

Hörer:innen können mitdiskutieren unter 0800 5678 555 oder per Mail unter philo@wdr.de.

Redaktion: Gundi Große

Literaturhinweis: Andreas Weber: Indigenialität. Verlag Matthes & Seitz, 2024.

Andreas Weber: Indigenialität

WDR 5 Das philosophische Radio 05.02.2024 55:57 Min. Verfügbar bis 04.02.2025 WDR 5


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