Schreiben, lachen, zweifeln – Franz Kafka und die Religion
Stand: 29.05.2024, 12:15 Uhr
Ob die Vertreibung aus dem Paradies oder Moses auf dem Berg Sinai - biblische Themen fanden immer wieder Platz bei Franz Kafka. Welche Rolle spielte die Religion in seinem Werk? Ein WDR Lebenszeichen zum 100. Todestag des Schriftstellers.
Dem Urteil ausgeliefert
Die Religion taucht in den Schriften Franz Kafkas immer wieder auf. Ein Beispiel: Die Geschichte des Josef K. in Kafkas Roman "Der Prozess": K., leitender Angestellter einer Bank, lässt sich auf ein Verfahren durch ein seltsames Gericht ein. Dieses hat erkennbar keine staatliche Autorität inne, und sein Personal erinnert viel weniger an einen Stab von Rechtsgelehrten als an eine schlechte Schauspieltruppe. Was ihm überhaupt vorgeworfen wird, erfährt K. nicht. Einerseits verhaftet, andererseits auf freiem Fuß, folgt K. absurden Anweisungen. Und das sogar mit bürokratischem Eifer.
Jüdische Überlieferungsliteratur
Eines Tages findet er sich in einem Dom ein, wo ein Geistlicher ihm die Ausweglosigkeit seiner Lage vorführen will. Dabei erzählt er ihm die Geschichte von einem Mann, der sich von einem Türhüter den Zugang zum Gesetz versperren lässt. Und der erst zu spät erfährt, dass der Zugang nur für ihn gedacht gewesen sei. Was hat dieses "Gesetz" mit Themen aus der jüdischen Überlieferunegliteratur zu tun, die Generationen von Forschern bei Kafka wiedererkennen?
Verwirrung als Maß aller Dinge
Bis in unsere Gegenwart manövriert Kafka seine Leserinnen und Leser in Grenzbereiche und in Abgründe, in denen jede Hoffnung auf Orientierung und eine entzifferbare Quelle vergeblich und Verwirrung das Maß aller Dinge zu sein scheint. Und dennoch: Beim Vorlesen seiner Texte hat Kafka häufig gelacht. Eine Spurensuche.
Autor: Michael Olmer
Redaktion: Gerald Beyrodt
Das Lebenszeichen läuft immer sonn- und feiertags um 08.30 Uhr auf WDR 3 und sonntags um 08.04 Uhr auf WDR 5.