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Buchcover: "La Storia" von Elsa Morante

Lesefrüchte

"La Storia" von Elsa Morante

Stand: 22.03.2024, 14:32 Uhr

In einer brillanten, zeitgemäßen neuen Übersetzung wirft der 1957 erschienene Roman "La Storia" Elsa Morantes ein neues Licht auf die Geschichte des italienischen Faschismus. Doch geht es in ihr in erster Linie um die Lehrerin Ida Ramundo.

Ida muss sich und ihre beiden Söhne durch das von Faschismus und Krieg verheerte Rom durchschlagen. Doch es ist die Gewalt der historischen Verhältnisse – Armut, Rassenwahn, Deportation - die ihr Schicksal bestimmen. Acht Monate nach der Vergewaltigung durch einen jungen deutschen Soldaten bringt die verwitwete und nicht mehr junge Lehrerein Ida Ramundo einen winzigen Jungen zur Welt.

Seiner Kleinwüchsigkeit zum Trotz ist Giuseppe, der sich später Useppe nennt, weil er das "Giu" noch nicht aussprechen kann, ein Wunderkind. Denn er ist wie kaum ein anderer Mensch zum Glücklichsein bestimmt, freut sich über jede Kleinigkeit, strahlt, lacht, umarmt die Welt und wird so zum Liebling seines älteren Bruders Nino. Der Preis von Useppes Bestimmung zum Glück ist seine Fähigkeit, die Zukunft erahnen zu können, denn sie ist das Symptom einer tödlichen Krankheit.

Mit fünf Jahren wird Useppe an einem epileptischen Anfall sterben, zwei Jahre nach seinem Bruder Nino, der bei einem Motorradunfall ums Leben kann. Den Tod ihrer beiden Söhne kann Ida nicht ertragen und sie verdämmert den Rest ihres Lebens in einem Psychiatrischen Krankenhaus.

Die zeitgenössische Kritik verurteilte den Roman wegen seiner "defätistischen", dem damaligen linken, klassenkämpferischen Zeitgeist entgegenlaufenden Haltung. Dass Elsa Morante die durch und durch wahrhaftige Geschichte eines verzweifelten Überlebenskampfes ohne jegliches Pathos und mit unendlicher Liebe zu ihren Figuren deren Geschichte geschrieben hatte, fiel für ihre damaligen Kritiker nicht ins Gewicht.

Die Leser haben ihnen Unrecht gegeben: Die zauberhafte "La Storia" wurde mit über 600.000 verkauften Exemplaren das meistgelesene Buch Nachkriegsitaliens.

Eine Rezension von Peter Meisenberg

Literaturangaben:
Elsa Morante: La Storia. Roman.
Neu übersetzt aus dem Italienischen von Maja Pflug und Klaudia Ruschkowski
Verlag Klaus Wagenbach, 2024
768 Seiten, 38 Euro