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Andy Graydon (links) und Jan St. Werner (rechts)

Graydon & Werner: “Dictionary of Untranslatables/Modern Usage“

Ein Forschungs-Hörstück der Künstler Andy Graydon und Jan St. Werner (Mouse on Mars): Zunächst körperlose Stimmen einer KI beanspruchen den Raum, in dem sie hörbar sind, als Körper. Raumsprachliche Körper mit eigenen Bewusstseinsformen.

KI - Forschung bedeutet nicht nur die Entwicklung von sprach- und sprechfähigen Modellen wie dem Chatbot ChatGPT der Firma Open AI. Das Interesse der Medien galt zuletzt vor allem dem aktuellen Stand der Forschung im Bereich künstlicher Intelligenz und möglichen zukünftigen Konsequenzen - sowohl für das Selbstverständnis des Menschen als auch für unsere Gesellschaften. Ein weiteres Feld der KI Forschung bindet physische Gestalten als Rezeptionsfelder für Umgebungsinformationen mit ein: In der Robotik stehen KI’s durch Sensoren mit einem Körper in Beziehung. Mit ihm lernen sie Interaktion mit der physischen Welt. Kernbegriffe sind hier Embodiment - also Verkörperung - und Sensorik - also Sinnesempfindung.

„Dictionary of Untranslatables/Modern Usage“ von Andy Graydon und Jan St. Werner verbindet diese Forschungsfelder. Im Stück morphen KI generierte akustische Gestalten in sprachliche Äußerungen. Auch jenseits eines eindeutig Gesagten füllen sie den Raum. Er wird ihr Körper. Anwesenheit entsteht. Bewusstsein? Verortung? Beziehung?

Auch dem Stück gehen Überlegungen zum Verhältnis von Körper und Bewusstsein voran. In einer Art Experiment-Situation fassten Graydon und Werner den Raum, in dem die Stimme eines KI-Sprachmodells hörbar wurde, als körperliche Gestalt der KI auf. Welche Formen von Bewusstsein kann so ein raumsprachlicher Körper entwickeln? Ist es möglich, dass sich ein akusmatisches Bewusstsein entwickelt, mit dem die KI-Stimmen die Grenzen ihres raumsprachlichen Körpers hören und auf diesem Weg empfinden können?

Der akustische Forscherdrang von Graydon und Werner fand Inspiration in verwandten Untersuchungsfeldern. Z.B. der Erforschung der Fähigkeiten von Fledermäusen, über Echolot ihre Umgebung abzutasten. Die Nachtschwärmer orientieren sich durch Ultraschallwellen, die ihr Körper erzeugt und deren Echo sie wahrnehmen. So erkennen sie etwaige Hindernisse, die bis zu 300 m weit vor ihnen liegen.

Andy Graydon setzt als Kunst- und Filmschaffender natürliche und soziale Räume in den Fokus seiner Arbeiten. Sound und die Sinneskategorie des Hörens (listening) versteht er als kreative Praxis.

Jan St. Werner ist in erster Linie bekannt geworden als eine Hälfte des Mikro-Tonhauer-Duos Mouse On Mars, arbeitet aber auch in anderen Konstellationen und solo - nicht nur im Bereich wagemutiger elektronischer Musik, sondern auch an Kunstinstallationen und Multimediaarbeiten.

Graydon & Werner: "Dictionary of Untranslatables/Modern Usage"

WDR 3 Studio Akustische Kunst 24.06.2023 57:17 Min. Verfügbar bis 23.06.2024 WDR 3 Von Ilka Geyer


Moderation: Ilka Geyer
Redaktion: Markus Heuger