Politische Sounds - Zum Tod des Musiksemiotikers Philip Tagg
Am 9. Mai 2024 ist Philip Tagg, der britische Pionier der Popular Music Studies im Alter von 80 Jahren in Liverpool gestorben. 2006 war er im WDR 3 Studio zu Gast. Ein Gespräch über Shaft, Kojak, Fernando, George W. Bush, Morricone, CPE Bach und andere.
„RIP Philip Tagg, The coolest musicologist ever.“ so brachte der Autor Martin Cloonan auf den Punkt, was viele bei der Todesnachricht aus Liverpool dachten. In den Nachrufen ist viel davon zu lesen, dass Tagg eine treibende Kraft bei der Etablierung von Popmusikforschung im akademischen Betrieb war. Dabei ging es ihm aber weniger um eine fußnotengesättigte Rechtfertigung seines persönlichen Geschmacks, sondern darum, die Musikwissenschaft insgesamt auf die Füße zu stellen.
In seiner Dissertation beschäftigte sich Philip Tagg 1979 auf nicht weniger als 424 Seiten mit der knapp 50-sekündigen Titelmusik zur Krimiserie Kojak. Das war damals exotisch. Längst gilt das Kojak-Buch des 1944 in Oundle geborenen Cambridge-Absolventen als Meilenstein der Musiksemiotik. Später legte er z.B. mit ideologiekritischen Studien zu Abbas Hit „Fernando“ nach, analysierte Shampoowerbung, Motorradmusik oder das Audio Branding von Computerchips. Tagg dekonstruierte Mitte der 80er den weißen Blick auf „Black Music“, verteidigte Techno Raves oder das Zitatrecht. Er widerlegte manche Auswüchse von Rockismus und Eurozentrismus in der Musikforschung und entführte die Musiksemiotik aus dem Elfenbeinturm.
Ford Taunus | 1:30
unbekannt; Komponist: Christian Bruhn
Kojak | 0:51
Studioensemble
Fernando | 4:13
Abba
Not ready to make nice | 3:58
Dixie Chicks
The truncated life of a modern industrialised chicken | 7:41
Matthew Herbert
McDonalds | 5:53
Radioboy
Rondo II c-moll, Wq 59,4 (für Cembalo) | 1:26
Peter Seymour; Komponist: Carl Philipp Emanuel Bach
Moderation: Ilka Geyer
Redaktion: Markus Heuger