„Die Begegnung mit Steve Albini und die Zusammenarbeit mit ihm veränderten den Lauf meines Lebens. Er hat mir so viel über Musik und das Leben beigebracht. Steve war ein toller Freund – weise, freundlich und großzügig. Ich bin so dankbar.“ Sagt PJ Harvey zum Tod des US-amerikanischen Produzenten (er zog den Begriff recording engineer vor) Steve Albini, der am 7.Mai mit 61 Jahren gestorben ist. Albini hatte 1993 Harveys bahn- und einiges mehr brechendes Album „Rid of me“ produziert/aufgenommen.
„Die Breeders trauern um Steve Albini. Er hat Welten gebaut.“ Sagen die Breeders, die Band um die Schwestern Kim und Kelly Deal. Albini hatte 1990 das ebenfalls bahn- und einiges mehr brechende Breeders-Album Pod“ engineert, wie im Übrigen auch „Surfer Rosa“, das …brechende Album der Pixies mit dem von Kim Deal gesungenen immer noch ziemlich gigantischen „Gigantic“.
Anders als bei den Deal-Schwestern oder PJ Harvey klingt es, wenn Männer um Albini trauern. Dann ist er "eine Figur von sturer Integrität, die Werte hochhielt, die ihm Punk gelehrt hatte", so Karl Fluch, aufrecht im Standard. Werte! Integrität! Sturheit! Auch für seine Konsequenz wird Albini immer wieder gelobt, dabei sagt doch schon Walter Benjamin: „Immer radikal, niemals konsequent.“ Konsequent also sei er, Albinis nimmermüder, heroischer, lebenslanger Kampf gegen die böse Musikindustrie oder ganz pauschal gegen den Mainstream, wer oder was immer das heute ist. Klingt wie das letzte Gefecht des guten alten Indierock, wie einst, als die Welt noch übersichtlich war. Wobei Albini an der kriegstüchtigen Rhetorik und der „nostalgia for an age that never existed“ (Jello Biafra) der Nachrufe nicht ganz unschuldig ist, hat er doch seine Adepten zuverlässig mit kernigen Parolen munitioniert:
„Mittlerweile sind alle Rockbands klug genug, dem Abschaum der Musikindustrie gegenüber misstrauisch zu sein.“
„Zweifle an der herkömmlichen Weisheit, es sei denn, du kannst sie mit Vernunft und Experimenten überprüfen.“
„Finden Sie Menschen, die so denken wie Sie, und bleiben Sie bei ihnen. Machen Sie nur Musik, für die Sie eine Leidenschaft haben. Arbeiten Sie nur mit Menschen zusammen, die Sie mögen und denen Sie vertrauen. Unterschreiben Sie nichts.“
Okay, wir unterschreiben nichts und spielen stattdessen Albinis Greatest Hits mit seinen Bands Big Black, Rapeman und Shellac, die tatsächlich nach Ewigkeiten ein neues Album rausbringen, das jetzt, wenige Tage nach seinem Tod erscheint, was für ein Timing, hätte ihm gefallen.
Unter den Hunderten von Platten, die Albini als Engineer bearbeitet hat, sind auch ein, zwei Dutzend von nicht durch kulturkämpferisch auftrumpfende Konsequenz aufgefallene und vielleicht auch deswegen in Vergessenheit geratenen Leuten wie Cath Carroll, Nina Nastasia, Joanna Newsom oder Scout Niblett. Mit Erinnerungen & Würdigungen von Fans & Autor:innen: Angelika Hefner, Christoph Jacke, Alex Pehlemann, Christian Schuh.
Jordan, Minnesota | 3:21
Big Black
Kerosene | 5:45
Big Black
Kerosene | 4:55
St.Vincent
50Ft Queenie | 2:50
P.J.Harvey
Rid of me | 3:41
P.J.Harvey
Happiness is a warm gun | 2:50
The Beatles
Happiness is a warm gun | 2:46
Breeders
Gigantic | 3:55
Pixies
I Say That I Will Go | 3:47
Nina Nastasia
Das Model | 3:45
Kraftwerk
The Model | 3:36
Big Black
The End Of Radio | 9:16
Shellac
I Don't Fear Hell | 4:20
Shellac
Cosmia | 7:15
Joanna Newsom
Moderation: Klaus Walter
Redaktion: Markus Heuger