Geschminkte Stimme? Audio-Drag? Vokal-Viagra? 25 Jahre Autotune
Vom Optimierungstool zum Stilmittel zum Hassobjekt von Rockisten – 25 Jahre nach Chers Welthit „Believe“ fragt Ex & Pop: Ist Autotune immer noch Teufelszeug oder haben wir uns dran gewöhnt? Wie an Pornografie? (Was hat Porno hier zu suchen?)
„Genau 36 Sekunden lief der Song und da war er plötzlich: ein Blick in die Zukunft des Pop, ein kurzes Betasten des Stoffes der Zukunft, in der wir jetzt leben. Die Zeile »I can’t break through« bricht sich, als wäre die Sängerin hinter Milchglas verschwunden. Dieser funkelnde Special Effect kam auch in der nächsten Strophe wieder vor, aber diesmal intonierte eine roboterhafte Stimme: »So sa-a-a-ad that you’re leaving.« Die Rede ist natürlich von Chers »Believe«, einem weltweiten Hit im Oktober 1998. Und was wir tatsächlich »verließen«, war das 20. Jahrhundert.“ So beginnt Simon Reynolds seinen Essay zum Phänomen Autotune, Untertitel: „Wie Tonhöhenkorrektor den Pop des 21. Jahrhunderts revolutioniert“.
25 Jahre also leben wir nun schon mit diesem seltsamen Ding namens Autotune. Autotune ist zwar unsichtbar, aber doch überall. Also nicht nur im HipHop, R&B, Trap, Deutschrap, Electro, Dubstep, Schlager (?), in der Werbung, im Popradio sowieso. Neuerdings sollen sogar die Rolling Stones, deren Sänger kürzlich 80 wurde, den Stimm-Optimierungseffekt verwenden und trotzdem geht die Welt nicht unter. Nur noch die hartnäckigsten Vorvorgestrigen verteufeln Autotune als Inbegriff des Bösen, des Niedergangs der Popmusik, wenn nicht gleich des Abendlands. Also nehmen wir das Silberjubiläum zum Anlass für eine Gratulationskur, Rehabilitation und Bestandsaufnahme. Autotune als (nicht mehr ganz so) omnipräsenter akustischer Marker für die technologischen Möglichkeiten der (Selbst-)Optimierung, Autotune als geschminkte Stimme, Autotune als Vokal-Viagra, Autotune & plastische Chirurgie, Autotune & Pornografie…
Und das vorweggenommene Fazit: Es braucht Leute, die über die nötige Künstlerische Intelligenz verfügen um Autotune so einzusetzen, dass Pop nicht bloß überlebt sondern glücklich macht. (Anmerkung der Redaktion: Dieser Text wurde nicht von einer KI geschrieben, auch wenn er streckenweise so klingt).
Was fühlst du | 1:09
Adolf Noise
XTRA DRY | 2:43
Haiyti
HYPERSPEED | 1:47
Haiyti
Believe | 3:59
Cher
Death Of Autotune | 5:15
Jay Z.
The House | 3:45
Róisín Murphy
Come down to us
Burial
Let´s talk about gender baby | 4:06
Planningtorock
Human Drama | 3:45
Planningtorock
I´ll pretend | 4:25
Swamp Dogg
Answer me, my love | 2:40
Nat King Cole
Mutterlied
Rudi Schuricke
Answer me, my love | 4:25
Swamp Dogg
Ich bin ein Fremder (Le Meteque) | 2:25
Michaela Meise
Depression & Schmerz | 2:55
Haftbefehl & Capo
Passed me by | 3:12
Yaeji
Moderation: Klaus Walter
Redaktion: Markus Heuger