"Kalevala" ist das finnische Nationalepos, bestehend aus fast 23.000 Versen, eingeteilt in 50 Gesänge. Einer der Helden ist Lemminkäinen. So wie die Brüder Grimm in Deutschland Märchen und Sagen sammelten, hat im Jahr 1835 Elias Lönnrot die Gesänge der finnischen "Kalevala" zusammengetragen und damit dem Bedürfnis vieler Finnen nach einer eigenen nationalen Identität Rechnung getragen.
Knapp 60 Jahre später interessierte sich auch Jean Sibelius für diesen Stoff. Er komponierte mit "Kullervo" zunächst eine sinfonische Dichtung, die einen Ausschnitt aus "Kalevala" behandelt. Doch er plante Größeres: Er wollte eine Oper nach dem Nationalepos schreiben. Doch letztlich erkannte er, dass das Projekt kaum zu realisieren war. So schrieb er eine viersätzige Suite über den Abenteurer Lemminkäinen: "Lemminkäinen und die Mädchen auf Saari" beschreibt, wie der Held mit einem Boot zur Insel Saari segelt, auf der alle Männer verbannt sind. Als diese erkennen, dass sich Lemminkäinen Zutritt zu den Mädchen und Frauen verschafft hat, sinnen sie auf Rache. Lemminkäinen flieht.
Der "Schwan von Tuonela" handelt von einem Schwan, der mit seinem Gesang die Seelen der Toten anzieht. Tuonela ist nämlich das Reich der Toten. "Lemminkäinen in Tuonela" erzählt die schaurige Geschichte, wie Lemminkäinen ermordet und zerstückelt wird, um anschließend von seiner Mutter wieder zu neuem Leben erweckt zu werden. "Lemminkäinen zieht heimwärts" handelt von seiner triumphalen Heimkehr.
1896 wurde die Suite in Helsinki uraufgeführt, doch erst knapp 50 Jahre später erschien die erste Druckausgabe. Auch in Deutschland war das Werk erstmals Mitte der 1950er Jahre in kompletter Länge zu hören. Der Chefdirigent des WDR Sinfonieorchesters Jukka-Pekka Saraste erläutert einige markante Passagen der Lemminkäinen-Suite, ein Werk, das Sibelius’ Weg zum bedeutendsten finnischen Komponisten der Musikgeschichte entscheidend prägen sollte.
Eine Collage von Christoph Vratz
Redaktion: Eva Küllmer