Für alle bedeutet "Creole-Nacht": Premiere. Und mit den fünf Bands dieser Sendung erhöht sich die Gesamtzahl der in solch repräsentativem Rahmen vorgestellten Projekte auf einundzwanzig – keine schlechte Bilanz für musikalische Innovation und Qualität in unserem Bundesland.
Motor im Kreativ-Prozess ist der Wettbewerb "creole - Globale Musik aus Deutschland". Auf regionaler Ebene in NRW führt ihn der Landesmusikrat durch. Vor zwei Monaten stellte sich im Dortmunder domicil eine Vorauswahl von 10 Bands aus 41 Einsendungen an drei Tagen live einer fünfköpfigen Fachjury. Prämiiert wurden am Ende Sina Nossa, Kapelsky & Marina sowie, mit einem Sonderpreis, das Royal Street Orchestra.
Logo Creole
"Creole" bedeutet ja so etwas wie aus Mischung entstandene neue Identität. "Creole" kann aber auch heißen: "Farbe zeigen". Oder um Robert von Zahn zu zitieren, den Generalsekretär des Landesmusikrats NRW: "Da ist ein Phänomen, das meiner Meinung nach in NRW besonders auffällig ist, dass wir in bestimmten Kreisen der Einwanderer fast biotopartige kulturelle Ausdrucksweisen haben. Es ist uns ein wichtiges Anliegen, die Grenzen zu diesen Biotopen durchlässig zu machen."
Die Ensembles der WDR 3 Creole-Nacht 2013:
Cats 'N Fruits
CATs N FRUITS (Köln) -
weird world music & violin toy loops
Katy Sedna - Gesang, Gitarre, Tanpura, Surmandal
Herr Weber - Geige, Bass, Schlagzeug, Perkussion, Kinderklavier, Loops
a. G.: Jim Newa - Bass
Katy Sedna lebte in Deutschland, in den USA, in Togo, wo sie auch französisch lernte und in Kenia. Darüber hinaus studierte sie am "Berklee College of Music" (USA) und nahm vier Jahre Unterricht in klassischer indischer Musik (Hindustani Classical Music). Soviel Ernsthaftigkeit überrascht angesichts einer Leichtigkeit, die der Schwerkraft entbunden scheint. Ein Glücksfall, dass Katy Sedna ganz zufällig Herrn Weber traf. Denn der gelernte Geiger brachte viele Klangfarben ein: Herr Weber setzt neben der Geige auch Bass und Kinderklavier ein und schichtet mit einem elektronischen Schlaufenbildungsgerät einen hochmusikalischen Klangkosmos um Katy Sedna.
Sina Nossa
Sina Nossa (Unna) -
Leidenschaft aus Fado
Anabela Ribeiro - Gesang
Armindo Ribeiro - Piano, Gesang
Luís Maria Hölzl - portugiesische Gitarre
André Krengel - Gitarre
Adélio Lopes - Akkordeon
André De Cayres - Kontrabass
Jorge Rodrigues - Perkussion, Gesang
Sina Nossa bedeutet: "unsere Bestimmung". Das Septett hat überwiegend portugiesische Wurzeln und verbleibt dennoch nicht im Hausgemachten: mit dem Fado als treibender Kraft überwindet Sina Nossa enge stilistische Grenzen und vereint Elemente von Klassik, Jazz, Latin und Pop. Selbstverständlich behält die portugiesische Gitarre in dieser Symbiose ihren angestammten Platz. Mit klarer, sinnlicher Stimme beschwört die Sängerin Anabela Ribeiro die Sehnsucht nach der Heimat in einer Weise, die auch Nicht-Portugiesen den Zugang zu diesen hochemotionalen Geschichten ebnet.
Roye Ma
Roye Ma (Monheim) -
Anadolu reloaded
Emrah Oguztürk - Kaval, Duduk, Mey, Zurna
Koray Berat Sarı - Baglama, Gitarre
Thomas Kolarczyk - Kontrabass
Eren Yildirim - Perkussion
Die Klänge von Roye Ma sind geprägt von der Offenheit anatolischer Kulturen und dem gleichzeitigem Respekt vor der Eigenart türkischer, kurdischer und armenischer Musik. "Roye Ma" ist ein Wort aus dem kurdischen Zazaki und heißt:"Unsere Seele". Die Musiker bedienen sich bei den Pretiosen beider Kulturen: sie schöpfen aus dem Klangreservoir, den tonalen Feinheiten und der rhythmischen Vielfalt Anatoliens, greifen aber auch den harmonischen Reichtum der westlichen Musikwelt auf. Das Ensemble wurde erst vor einem Jahr gegründet und stand schon im Finale der NRW Ausscheidung von Creole.
Kapelsky & Marina
Kapelsky & Marina (Dortmund) -
Ostperanto-Folkjazz
Gregor Hengesbach - Gitarre
Jan-Sebastian Weichsel Geige, Bratsche, Mandoline
Michael Ashauer - Kontrabass
Marina Frenk - Gesang
Dieses Saitentrio plus Sängerin zeichnet sich durch besondere Rücksichtslosigkeit im Umgang mit Fundstücken aus: Miles Davis wird kurzerhand in den Orient geschickt und Britney Spears auf den Balkan. Seit 2004 spielt das Trio in der jetzigen Besetzung, deren Instrumentierung an die Manoushkapellen erinnert. Aber diese Geige-Gitarren-Contrabass-Combo wandelt nicht nur auf den Spuren eines Gipsy-Swing à la Django Reinhard. Die drei adaptieren Balkanklänge zwischen Klezmerstücken und Zigeunermusik. Nun kam mit der moldawischen Sängerin und Schauspielerin Marina Frenk, die auf Russisch und in Romanes singt, auch eine Portion russischer Roots dazu. Ihre frisch-freche, aber auch zärtliche Stimme bringt belebende Farben ins Spiel.
Royal Street Orchestra
Royal Street Orchestra (Wuppertal)
Klangkörper zwischen den Stühlen
Chris Huber - Violine
Cornelius Thiem - Cello
Nikolaos Rondelis - Oud, Bouzuki
Dragon Burzakovic - Akkordeon
Christopher Esch - Gitarre
Dennis Soldin - Gitarre
Armin Alic - Bass
Max Klaas - Percussion
Chris Mohrhenn - Drums
Das Miniatur-Orchester wurde 2009 gegründet. Seine Mitglieder genießen hörbar ihren Freiraum und kreieren ein feines und zugleich kraftvolles Weltmusikgespinst, auch unter Einbezug traditioneller Motive und atmosphärischer Soundsamples. Ein serbischer Rom, der klassisches Akkordeon studierte, und ein Grieche, der zuerst den Rembetiko und dann auf der Oud den Orient für sich entdeckte. Dazu: zwei Streicher, zwei Gitarristen und eine dreiköpfige Rhythmusgruppe. Vier der neun Bandmitglieder absolvierten ihr Studium an der Musikhochschule Köln. Das Royal Street Orchestra navigiert durch Wechselbäder zwischen Tanzboden und Konzertbühne, zwischen Orient und Okzident, zwischen den Stühlen. Lustvolle Grenzüberschreitungen und ein unverschämt tanzbarer Appell an die kritische Vernunft.
Live aus dem WDR Funkhaus Köln. On stage: Preisträger und Finalisten des Wettbewerbs "creole - Globale Musik aus NRW 2013".
Bilder vom Creole-Wettbewerb in Dortmund vom September 2013
Kapelsky & Marina
Moderation: Babette Michel
Redaktion: Werner Fuhr
Video-Impressionen von der WDR 3 Creole-Nacht der Musikkulturen 2013
38:18 Min.. Verfügbar bis 30.12.2099.