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Interview mit Bela B.: Zwischen Ärzten, Comic und Western

Stand: 19.02.2016, 13:02 Uhr

Als Schlagzeuger und Stimme der Ärzte ist Bela B. einem Millionenpublikum bekannt. Doch nebenbei überrascht er immer wieder mit neuen Projekten: ab Herbst mit einem Live-Hör-Comic. Bei WDR 2 für eine Stadt ist Bela B. MonTalk-Gast.

Live-Hör-Comic "Sartana - Noch warm und schon Sand drauf"

Der Film "Sartana - Noch warm und schon Sand drauf" kam Anfang der 1970er Jahre in die Kinos. Gemeinsam mit Peta Devlin, Stefan Kaminski und der Band Smokestack Lightnin´ bringt Bela B. das deutsche Synchronbuch auf die Bühne.

Dabei lesen sie nicht nur die Dialoge und Szenen, sondern erzeugen live die passenden Geräusche, diskutieren die Handlung mit dem Publikum und spielen den neu komponierten Soundtrack zum Stück. Comiczeichner Robert Schlunze ("Werner - Wer bremst hat Angst") steuert Zeichnungen und Animationen bei. Das Bühnenstück startet Anfang Dezember 2016 in NRW.

WDR 2: Du bist ab Herbst in NRW mit einem Live-Hör-Comic auf Tour. Was ist das?

Bela B.: Peta Devlin, Stefan Kaminski und ich lesen das Drehbuch eines Spaghetti-Western. Peta wird alle Frauenrollen sprechen, Stefan alle Männerrollen und ich spreche den Hauptdarsteller. Gleichzeitig wird das Drehbuch von uns kommentiert und wir spielen den Soundtrack zu den Szenen mit meiner Band live. Und ein Comic-Zeichner hat zu einzelnen Abschnitten des Drehbuchs Zeichnungen und Tricksequenzen angefertigt, die gezeigt werden. Es ist ein Format, das es bisher nicht gab.

Man erlebt den Film also live auf der Bühne?

Ja. Und gleichzeitig diskutieren wir darüber und auch das Publikum wird eingebunden. Ich habe in einem Song jetzt das Publikum eingebaut und wir werden sicher auch Fragen zulassen. Also: Was es genau wird, das zeigt sich vermutlich erst bei der Premiere (3. Dezember 2016, Capitol Theater Düsseldorf).

Wer hatte die Idee zu dieser Show?

Die Idee, mit mir ein Live-Hörspiel zu machen, kam von Regisseur Leo Koppelmann. Er hatte das sehr erfolgreich mit Bastian Pastewka gemacht. Leo wollte eigentlich passend zu Bela B. einen Horrorfilm umsetzen. Aber im Gespräch merkten wir beide, dass wir große Liebhaber von Spaghetti-Western sind. Wir haben mit einer Begeisterung gefachsimpelt und kamen am Ende darauf, dass wir uns dazu etwas suchen. Für mich war wichtig, dass es eine Synchronfassung aus der Schmiede von Rainer Brandt ist, dem legendären Synchronsprecher der 1970er Jahre. Er hat wahnsinnig zotige Synchronbücher geschrieben - ohne Rücksicht auf jede Political Correctness. Und dann konnten wir uns schnell auf "Sartana - Noch warm und schon Sand drauf" einigen.

Was fasziniert Dich an den Spaghetti-Western?

Das Besondere an diesen Western ist, dass der Held selten edle Motive hat. Der ist auf Geld aus und auf den eigenen Spaß.  Und die Frauenfiguren sind sehr speziell und besonders stark. Zum Beispiel in "Spiel mir das Lied vom Tod", wo Claudia Cardinale viel mehr zu ertragen hat als die meisten anderen Figuren des Films.

Aber in der Ankündigung zu der Show heißt es: Frauen ruinieren grundsätzlich jeden Western. Was denn nun?

Das ist bei den klassischen Western schon so. Da sind die Frauen die Blonden, Lieben und Tapferen, die am Ende dafür kämpfen, beim Held endlich wieder Hausfrau sein zu dürfen. Das ist in unserem Stück anders. Aber wir werden auch darüber auf der Bühne diskutieren. Die Dame auf der Bühne, Peta Devlin, wird uns für diesen Satz "Frauen ruinieren Western" anfeinden. Also diese Show funktioniert tatsächlich auf ganz vielen Ebenen.

Die Show verbindet Western mit Comic. Comic ist eine weitere große Leidenschaft von Dir. Warum?

Das reicht in meine Kindheit zurück: Da konnte ich mich sehr gut in Fantasiewelten flüchten. Und mein Vater und meine Mutter haben mir dann halt Comics gekauft. Daraus wurde die Leidenschaft. Das führte soweit, dass ich zehn Jahre lang einen eigenen Comic-Verlag hatte. Aber nach dieser Zeit hatte ich so viel Geld damit verloren, weil es eine brotlose Kunst ist. Es ist so schwer, Menschen davon zu überzeugen. Für mich sind Comics eine wahnsinnig tolle Sache, ich habe mir gerade erst für 400 Euro wieder Bücher gekauft. Jetzt lese ich gerade ein Comic über einen Müllmann und seinen Alltag. Danach lese ich ein Horror-Comic von Richard Corben.

Das klingt nicht nach "Lustigem Taschenbuch"?

Das interessiert mich persönlich nicht mehr so. Die Walt Disney Figuren sind legendär. Ich besitze selbst eine Sammlung von Carl Barks mit Donald Duck. Das sind siebenseitige Geschichten von einem besonders tollen Zeichner aus den 60er Jahren. Die Texte stammen von Frau Dr. Erika Fuchs, die auch Vorbild für die Texterei der Ärzte war und sogar mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet wurde. Aber da kommt der Comic-Nerd in mir durch.

 Was macht ein gutes Comic aus?

In den 80er Jahren kam man dahinter, dass Comics neu erfunden werden müssen, wenn man gegen Kino und Video bestehen will. Und das Genre wurde von Autoren neu definiert, nicht von Zeichnern. Im besten Fall von Autoren, die auch zeichnen konnten. Plötzlich wurden Themen wie der Nordirland-Konflikt im Comic aufgegriffen. Und jetzt ist es auch nicht mehr peinlich, in der U-Bahn zu sitzen und ein Comic zu lesen. Du siehst Dinge und gleichzeitig liest du auch - das macht ein Comic einzigartig. Die Fantasie wird viel mehr gefordert als bei einem Film.