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 Thérèse – L’Attente

"L'Attente"- Thérèse Wiederauferstehung mit Hyper-Pop

Stand: 13.05.2024, 00:00 Uhr

Thérèse ist eine der faszinierendsten Künstlerinnen der französischen Musikszene. Die Sängerin, Rapperin und Musikerin mit den asiatischen Roots, bislang bekannt für Elektro-Pop-Banger und militante Texte, hat auf ihrem Debütalbum die Erfahrungen mit einer lebensgefährlichen Erkrankung in hybride Hyper-Pop-Tracks gepackt. Am 8. Juni ist Thérèse live beim COSMO Festival!

Von Anna-Bianca Krause

Thérèse Sayarath, artist name Thérèse ist ein Multitalent: Musikerin, Sängerin, Rapperin, Komponistin, Stylistin, Model, Regisseurin und Aktivistin. 1986 in der Banlieue von Paris als Tochter asiatischer Migranten geboren, hat sie chinesische, laotische und vietnamesische roots. Zudem hatten ihre Eltern ein Geschäft mit afrikanischen, karibischen und asiatischen Lebensmitteln, weshalb sie auch mit afrikanischer Kultur und Antillen-Einflüssen aufgewachsen ist. Die 38jährige ist eine globale Persönlichkeit und sie möchte, dass die französische Gesellschaft sich dieser Vielfältigkeit mehr annähert, als es aktuell der Fall ist.

Thérèse: "L’Attente"

COSMO Album der Woche 13.05.2024 02:36 Min. Verfügbar bis 13.05.2025 COSMO


Der Umweg

Schon mit neun Jahren saß Thérèse am Piano, war dann am Konservatorium, spielte Bach, Beethoven, Mozart, lernte wie wichtig Harmonien und Disziplin ist. Musik war für sie die Möglichkeit Gefühle zu kanalisieren. Doch dann studierte sie erst einmal Betriebswirtschaft, arbeitete als Produktmanagerin im Luxussegment und in der Werbung und war Künstlerische Leiterin für andere artists. Um aus diesem elitären Gesellschaftsbereich auszubrechen, fing sie an mit Flüchtlingen und politischen Migranten zu arbeiten und sich einen Namen zu machen als militante Aktivistin für Feminismus, Antirassismus, Inklusion und die Freiheit der Sexualität. Erst dann findet sie wieder zurück zur Musik, absolviert zuerst Bar-Auftritte in Paris mit Coverversionen von Rihanna oder Les Rita Mitsouko, verbringt dann drei Jahre im Hybrid-Rock-Duo La Vague bevor sie sich endlich musikalisch selbstständig macht.

Thérèse

Ich bin anders

In der Zeit der Lockdowns schreibt Thérèse endlich ihre ersten Songs, die auf der EP "Revalité" erscheinen. Sie selbst beschreibt diese EP wie einen Schrei gegen die aktuelle Gesellschaft und die eigenen Erfahrungen als Asiatin in Frankreich, u.a. in "Chinoise", der hoch gefeierten Offbeat-Hymne gegen antiasiatischen Rassimus. Die EP hat noch einen stark emanzipatorischen Aspekt, was ihre asiatischen Kulturen betrifft, sie singt teilweise auf Chinesisch und baut asiatische Sounds ein. Die asiatischen Elemente sind nun auf dem Debütalbum in den Hintergrund getreten, denn Thérèse glaubt, dass ihr Publikum inzwischen weiß, wer sie ist und sie nicht mehr so laut schreien muss, dass sie Asiatin ist, weil man das ohnehin sieht.

Der Tod ist nicht böse

Eigentlich war Thérèse dabei eine steile Karriere im französischen Musikbusiness hinzulegen. Doch dann ging sie mit einem Nacktfoto an die Öffentlichkeit, dass sie mit dem Bauch einer hochschwangeren Frau zeigt und schrieb dazu: Nein, es ist kein Baby! Thérèse litt an der lebensgefährlichen Erbkrankheit Hepatorenales Syndrom und ihre Leber war auf ein Gewicht von sieben Kilogramm angeschwollen. Im November 2022 musste sich deshalb einer Lebertransplantation unterziehen, diese Erfahrung hat ihr Leben vollständig umgekrempelt und spielt auf dem Album eine zentrale Rolle.

Der Albumtitel "L'Attente" bedeutet übersetzt "Warten" und gemeint ist die Zeit des Wartens auf ihre Transplantation. Ein Jahr musste Thérèse Tag und Nacht ihr Telefon neben sich haben, um den Moment nicht zu verpassen, wenn es ein für sie geeignetes Organ zum Transplantieren gibt. Sie singt von ihrer Todesangst, von der eigenen Vergänglichkeit, vom neu erwachten Bewußtsein über den Wert des Lebens, aber auch von Erinnerungen an Kindheitsträume oder über die ausbeuterischen Mechanismen des Musikmarktes. Aber sie macht es auf ihre ironische, manchmal absurde, philosophische Art : Wenn es um den Tod geht, wie in "No right time", unterhält sie sich mit ihm und sagt dem Tod, dass sie ihm nicht böse ist, denn er tue ja auch nur seine Arbeit.

Das Leben feiern

Die Themen sind existenziell, die Musik ist das Gegengift und meist hochenergetisch. Zweimal hat sie Thérèse Kollaborateurinnen dazugeholt : "M'autosaboter" singt und rappt sie mit der militanten Pop-Feministin Louisadonna und "Industrie BB" mit der Rapperin und Sängerin Cœur.Thérèse ist eine hybride Person, sowohl was ihre Roots betrifft, als auch ihre Talente, und genauso ist auch ihre Musik auf "L'attente". Zwischen French Elektro-Pop, HipHop und Hyper-Pop, spielt sie mit Reggaeton, Drum'n Bass, R'n B-Balladen à la Lana Del Rey oder Billie Eilish. Sie nimmt sich alle Freiheiten und Persönliches, Politisches und Philosophisches gehen Hand in Hand. Das ist mutig und berührt, macht aber auch verdammt viel Spaß.