"Ein Tag im Leben..." mit dem Pulitzer-Preis

Viel Handarbeit, Selbermachen und Überstunden sind gerade gefordert. Der kleine Bielefelder Pedragon-Verlag hat plötzlich ein "Welt-Buch" im Regal. Gerade einmal vier Menschen arbeiten im Verlag. Normalerweise schaffen sie so 10 Bücher im Jahr zu verlegen. Jetzt muss das Buchcover entworfen, der Klappentext formuliert und natürlich eine Übersetzung organisiert werden.

Als Verlagsleiter Günther Butkus das Manuskript von "Ein Tag im Leben von Abed Salama" angeboten wurde, war es noch nicht preisgekrönt. Der Inhalt aber faszinierte den Sohn einer jüdischen Mutter. Also griff er zu und ging das wirtschaftliche und politische Wagnis ein. Denn in der aktuellen Zeit ist das Buch ein Diskussionsbeitrag zur Lage im Nahen Osten.

Über das Zusammenleben von Palästinensern und Israelis

Das Buch erzählt von der komplexen Geschichte der israelischen Besetzung im Westjordanland. Im Buch wird das Leben der Menschen in diesem zerrütteten Land sichtbar gemacht. Autor Thrall portraitiert dabei einen palästinensischen Vater, dessen fünfjähriger Sohn bei einem Schulbusunfall ums Leben kommt. Er schildert eindrucksvoll, wie die Erwachsenen versuchen ihr Leben zu bewerkstelligen.

Kalifornier lebt in Jerusalem

Autor Nathan Thrall ist in Kalifornien geboren. Seit mehreren Jahren lebt er in Jerusalem. Seine Veröffentlichungen sind unter anderem im "New York Times Magazine" und dem "Guardian" erschienen. Er beschäftigte sich außerdem als Vorsitzender des Arab-Israeli-Projects bei der International Crisis Group mit Lösungsvorschlägen zu internationalen Konflikten.

Während des Lesens lernt man auch etwas über dieses System und die tiefere Geschichte Israels und Palästinas. Aber was wirklich im Vordergrund steht, ist die menschliche Geschichte. Nathan Thrall, Pulitzer-Preisträger
übersetzt aus dem Englischen

Außergewöhnliche Entstehungsgeschichte

Das Buch selbst ist auch eine außergewöhnliche Geschichte für den Bielefelder-Verlag. Nach einer Lesung in Berlin mit Nathan Thrall war für alle die Überraschung groß, erinnert sich Lektorin Lea Dunkel. Bei der anschließenden Diskussion kam erstes Getuschel auf, daraus wurde dann lauter Jubel. Völlig unverhofft erreichte uns so die Nachricht von der Verleihung des Pulitzer-Preises.

Von New York nach Bielefeld

Der Pulitzer-Preis wird für herausragende journalistische und literarische Beiträge verliehen. Der amerikanische Medienpreis ist vergleichbar mit dem Oscar im Film.

In 23 Kategorien aus den Bereichen Journalismus, Bücher, Drama und Musik wurden aus den Anwärtern die Preisträger gekürt. Autor Nathan Thrall ist mit seinem Buch im Bielefelder Pendragon-Verlag der diesjährige Preisträger in der Kategorie "General Nonfiction" (allgemeine Sachliteratur).

"Es berührt und macht Hoffnung"

Sofort begeistert war auch die Bielefelder Buchhändlerin Anna Wallitzer. Sie hatte als Freundin des Verlages das Manuskript als eine der Ersten gelesen und riet direkt zur Veröffentlichung.

"Als Mutter berührt mich die Geschichte sehr, aber das Buch macht auch Hoffnung." Verlagsleiter Günther Butkus ging das Risiko ein. Jetzt sind 8.000 Exemplare gedruckt worden – eine Rekordauflage für den Bielefelder Pendragon-Verlag.

Unsere Quellen:

Über dieses Thema berichtet der WDR am 12. August 2024 auch in der Lokalzeit Ostwestfalen, im Fernsehen um 19:30 Uhr und im Hörfunk auf WDR2.