Etwa 20 Prozent weniger Äpfel, nur halb so viele Birnen, erheblich weniger Rhabarber, Kirschen und Johannesbeeren - die Mostereien in Ostwestfalen-Lippe bekommen derzeit deutlich weniger Obst angeliefert. Dort gibt es noch fünf Mostereien, die ganz klassisch Saft herstellen. Alle fünf sagen: Dieses Jahr ist kein gutes Saftjahr.
Ein landesweites Problem, würde man denken. Doch die Situation ist extrem unterschiedlich.
Des einen Freud, des anderen Leid
Während die Ernte bei den einen mau aussieht, können sich andere vor Äpfeln kaum retten. Gut zu spüren ist das an der mobilen Mosterei "Sauerland Obst GmbH". Vier Tonnen Äpfel täglich werden hier verarbeitet - das ergibt rund 2.500 Liter Apfelsaft. Die Mosterei reist durch ganz NRW, manche fahren dennoch viele Kilometer hierher.
Beim Termin in Balve ist ein Mann extra 30 Kilometer aus Holzwickede angereist. Von einer angeblich schlechten Apfelernte hat er nichts mitgenommen. 150 Kilo hat er dabei - von nur einem Baum. Er schiebt das auf den Bienenzüchter in der Nachbarschaft.
Wetter, Sorte, Lage ausschlaggebend
Auch bei den Obstfreunden Siegtal bei Hennef blickt man auf ein gutes Jahr, heißt es. Die großen Unterschiede der Ernte überraschen hier keinen. "Letztes Jahr sind wir leer ausgegangen, dieses Jahr läuft es wieder gut." Das liege auch nicht nur an bestimmten Sorten oder dem Wetter.
Viele Apfelsorten waren dieses Jahr zwei Wochen früher reif als üblich, andere dagegen ein Totalausfall.
Fehlende Bestäubung und Frost
Die Blüte war dieses Jahr viel früher, erklärt Niclas Barteldrees, Moster aus Halle, seinen schlechten Ertrag. In guten Jahren werden in Halle ungefähr eine halbe Million Flaschen pro Jahr abgefüllt - etwa 75 Prozent davon Apfelsaft. Nicht so jedoch in diesem Jahr.
Er erläutert: "Die Knospen kamen schon im Februar raus. Als die Blüte dann da war, war es insgesamt zu kalt, und dann sind auch nicht die Bienen geflogen. Dadurch wurden die Blüten nicht bestäubt." Eine Frostphase im April tat ihr übriges.
NRW ist nicht allein
"Teilweise machen zwei gute Tage den Unterschied", so Wolfgang Behmenburg aus Unna-Stockum. Er sagt, er sei erstaunt, dass die Ernte nicht ganz so schlecht gewesen sei wie erwartet.
Kürzlich habe er aber mit einem Moster aus Sachsen gesprochen. "Der sprach davon, dieses Jahr null Ertrag zu haben", so Behmenburg. "Das ist ein wirklich großes Gebiet - normalerweise ernten die dort 20.000 Tonnen Äpfel. Dieses Jahr sind es nur 3.000." NRW ist also nicht allein mit seinen örtlichen Ernteausfällen.
Preissteigerungen zu erwarten
Die wirtschaftlichen Auswirkungen einer geringen Obsternte liegen auf der Hand. Wenn zu wenig am Markt ist, steigen die Preise. Der Saftpreis für regionale Produkte dürfte also teilweise steigen.
Niclas Barteldrees sagt zu möglichen Preissteigerungen: "Wir versuchen es natürlich so gering wie möglich zu halten, weil wir unsere Kunden natürlich nicht verärgern wollen." Aber irgendwie müssten die Betriebe ja auch überleben.
Unsere Quellen:
- Mostereien in OWL
- Obstfreunde Siegtal
- Stockumer Hofmarkt
- Sauerland Obst GmbH