Vitali Klitschko Westfälische Friedenskonferenz in Münster 06:44 Min. Verfügbar bis 15.09.2024

Interview mit Vitali Klitschko bei der Westfälischen Friedenskonferenz

Stand: 15.09.2023, 17:10 Uhr

Taurus-Raketen und Zukunft der Ukraine: Bei der ersten Westfälischen Friedenskonferenz hat sich Vitali Klitschko am Freitag Zeit für ein Gespräch mit Journalisten genommen. Was gefragt wurde - was Klitschko antwortete.

Bei einem Pressegespräch mit Journalistinnen und Journalisten des WDR und anderen Medien beantwortete Vitali Klitschko auch Fragen zu seinem Treffen mit Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius und zum Wunsch nach Taurus-Raketen für die Ukraine.

Vitali Klitschko: Ich freue mich sehr, in Deutschland zu sein, hier in Münster. Danke für die Einladung, für das heutige Event. Die Sicherheit ist heute die Frage Nummer eins, nicht nur für die Ukraine, sondern für ganz Europa.

Vitali Klitschko bei der Friedenskonferenz in Münster | Bildquelle: dpa/Guido Kirschner

Es ist wichtig hier zu sein, präsent zu sein, die Fragen zu beantworten, die Situation zu beschreiben, was wir in der Ukraine erleben. Und noch einmal: Hundert Mal, tausend Mal Danke für die Unterstützung, die die Ukraine aus Deutschland bekommt. Wir fühlen Partnerschaft, wir fühlen Unterstützung. Das ist lebenswichtig für uns. Tausend Mal Danke.

Mit welchen Ergebnissen verlassen Sie die Westfälische Friedenskonferenz?

Klitschko: Ich habe sehr interessante Messages von Bundesverteidigungsminister Pistorius gehört, danach habe ich mit ihm ein internes Gespräche gehabt. Ich bin sehr glücklich, weil wir auf gleicher Linie sind. Jeder versteht, was in der Ukraine los ist. Vor einem Jahr brauchte ich Zeit, um zu erklären, wie schlimm der Krieg ist und was es bedeutet. Heute versteht jeder in Deutschland die Gefahr für ganz Europa. Ich freue mich riesig, dass die Bundesrepublik Deutschland und die entscheidenden Minister verstehen, wie wichtig es ist, die Ukraine zu unterstützen.

"Der Frieden muss so schnell wie möglich zurückkommen." Vitali Klitschko, Bürgermeister der Stadt Kiew

Sie haben gesagt, der Wille zum Sieg ist da. Und Sie haben gesagt, nächstes Jahr sieht es vielleicht anders aus. Wie groß ist Ihre Hoffnung?

Klitschko: Die Hoffnung ist groß, nicht nur bei mir. Jeder in der Ukraine hofft. Jeder will zurück nach Hause kommen. Jeder will diesen schrecklichen Krieg stoppen. Jeder will Frieden. Der größte Wunsch von allen Ukrainern ist es, Frieden zurück in unser Land zu bringen. Die Hoffnung ist sehr groß bei jedem. Aber man muss für seinen Traum kämpfen. Man muss kämpfen, denn ohne Kampf gibt es keinen Sieg. Wir kämpfen heute um unsere Zukunft. Wir kämpfen und verteidigen unsere Städte, unser Land, die Zukunft unserer Kinder. Die Hoffnung ist sehr groß, und das ganze Land ist sich einig und unterstützt unsere Patrioten und unsere Soldaten in diesem Krieg, der größte Krieg nach dem zweiten Weltkrieg in Europa. Und unser größter Wunsch: Der Frieden muss so schnell wie möglich zurückkommen.

Wie wichtig ist Ihnen Taurus? Was macht Taurus für die Ukraine so wichtig?

Klitschko: Taurus schützt unsere Soldaten. Wir zahlen in diesem Krieg den größten Preis, das Leben unserer Patrioten. Deswegen: Taurus ist sehr effektiv, das Kommandozentrum zu zerstören, ohne Risiko für unsere Soldaten, und deswegen diese moderne Waffe hilft unseren Soldaten, unserem Militär sehr. Ich habe das auch mit Herrn Pistorius besprochen und ich habe mich auch bei ihm für die Luftabwehrsysteme bedankt, weil von deutschen Luftabwehrsystemen hängt das sichere Leben von unseren Bürgern ab. Deswegen: Die Lieferung von Verteidigungswaffen – und ich betone Verteidigungswaffen, wir keinen angreifen, sondern wir verteidigen unser Land – ist ein sehr wichtiges Thema in der heutigen Zeit. Es ist ein bisschen zu langes Nachdenken. Aber ich bin fest überzeugt, die Entscheidung über Taurus-Raketen wird getroffen. Aber wir haben Zeitdruck, weil für die Zeit zahlen wir den größten Preis, mit dem Leben unserer Brüder.

Wie ist dieses Warten für Sie? Der Verteidigungsminister hat ja gesagt, wir müssen uns das wohl überlegen, dass es noch ein oder zwei Wochen dauert.

Klitschko: Es ist schwierig. Diese Verzögerung kostet uns Zeit und damit Leben.

Nächste Woche ist das sogenannte Rammstein-Treffen. Inwiefern hoffen Sie, dass dann etwas Klareres kommt zum Thema Taurus? Inwiefern haben Sie da Hoffnungen?

Klitschko: Ich habe Hoffnungen. Ich drücke die Daumen. Ich versuche, jedes Treffen zu nutzen mit der Deutschern Regierung und mit jedem entscheidenden Politiker, um die Leute zu überzeugen, wie wichtig es ist, die Ukraine zu unterstützen. Deswegen ist Partnerschaft sehr wichtig, um die Ukraine zu unterstützen, mit Leuten zu sprechen, die Informationen aus erster Quelle zu bekommen und zu beschreiben: Was brauchen wir und was ist notwendig? Und noch einmal: Unterstützung der Ukraine ist Unterstützung für sich selbst. Ich bin fest überzeugt, Putin kann so weit gehen, wie wir es ihm erlauben zu gehen. Jeder muss verstehen: Wir verteidigen nicht nur die Ukraine, wir verteidigen jeden in Europa. Das ist sehr wichtig. Frieden und Sicherheit ist die Frage Nummer eins für jeden auf dem europäischen Kontinent.

"Die letzten eineinhalb Jahre waren ein Marathon, Tag für Tag ununterbrochen neue Herausforderungen: Raketenangriffe, Drohnenangriffe, die Infrastruktur." Vitali Klitschko, Bürgermeister der Stadt Kiew

Eine persönliche Frage: Wie schaffen Sie es, Bürgermeister in Kiew zu sein und gleichzeitig international zum Beispiel auf solchen Konferenzen für Hilfe zu werben. Woher nehmen Sie persönlich die Kraft?

Klitschko: Ich weiß es nicht. Das sage ich ehrlich. Die letzten eineinhalb Jahre waren ein Marathon, Tag für Tag ununterbrochen neue Herausforderungen: Raketenangriffe, Drohnenangriffe, die Infrastruktur. Die Sicherheit in unserer Stadt war und ist ein wichtiges Thema. Und deswegen: Kiew ist Hauptstadt und das wichtigste Ziel. Kiew war ein Ziel von russischer Aggression und bleibt ein Ziel. Davon hängt viel ab. Deshalb: Von der stabilen Situation in der Hauptstadt hängt die stabile Situation aller Regionen in der Ukraine ab. Ich möchte mich nicht beschweren. Ich bin stark genug. Wichtig ist nicht die physische Stärke, sondern der Wille zum Sieg. Ukrainische Soldaten haben die ganze Welt überrascht, weil sie kämpfen und unser Land verteidigen, nicht nur, aber auch für jeden von euch. Danke.

Friedenskonferenz Münster mit Pistorius, Klitschko und anderen WDR aktuell 15.09.2023 04:14 Min. Verfügbar bis 15.09.2025 WDR Von Hartmut Vollmari