WDR 2 am 02.12.2021 um 17.31 Uhr: "Märkischer Kreis. Die A45 ist ab sofort zwischen Lüdenscheid-Nord und Lüdenscheid in beiden Fahrtrichtungen voll gesperrt. Grund sind Schäden an der Talbrücke Rahmede, die heute festgestellt wurden. Diese machten eine sofortige Sperrung notwendig, so eine Sprecherin der Autobahn Westfalen. Der Verkehr wird über die U16 umgeleitet."
Als diese Erstmeldung im Radio läuft, ahnen selbst Experten noch nicht, was damit auf Lüdenscheid, den Märkischen Kreis, aber auch auf ganz Südwestfalen zu kommt. Die Hoffnung war groß, dass die Brücke schon bald wieder freigegeben werden könnte, wenigstens eingeschränkt. Doch es kam anders.
Unternehmen fürchten um Aufträge
Fünf Wochen nach der Sperrung war klar: Die Brücke ist nicht zu reparieren. Sie muss abgerissen und neu gebaut werden. Für die Menschen in Lüdenscheid, die Anwohner an den Umleitungsstrecken und die vielen Unternehmen in der Region ist das eine wahre Hiobsbotschaft.
Südwestfalen, immerhin die stärkste Industrieregion in NRW, ist ohnehin gebeutelt vom Fachkräftemangel. Viele Unternehmen werden durch die Sperrung unattraktiv für Berufspendler, die jetzt plötzlich zum Teil mehrere Stunden täglich mehr einplanen müssen, um zur Arbeit zu kommen. Einige denken über Kündigung nach.
Versprochenes Tempo wird nicht gehalten
Auch der Warentransport leidet massiv unter der Sperrung. Die A45 gilt nicht umsonst als Lebensader der Region. Das eher schlecht ausgebaute Schienennetz ist für die wenigsten Unternehmen eine praktikable Alternative.
Es solle schnell gehen, heißt es aus der Politik und von der zuständigen Autobahn GmbH. Doch "schnell", das bedeutet in diesem Zusammenhang: Wenn alles gut läuft, steht die Brücke Ende 2026. Fünf Jahre nach der Sperrung.
Das erste Jahr hat allerdings gezeigt, dass nicht alles gut läuft. Bundesverkehrsminister Volker Wissing, FDP, ließ sich acht Monate Zeit, um persönlich nach Lüdenscheid zu kommen. Im Gepäck: Versprechen, die er nicht halten konnte. Eine Sprengung der Brücke noch im Jahr 2022 war eines der erklärten Ziele. Doch die Brücke steht noch, die Sprengung ist auf 2023 verschoben, Termin noch unklar.
Lüdenscheider fordern Lkw-Verbot
Immer wieder kommt es zu Verzögerungen, etwa bei Ausschreibungen, oder beim notwendigen Grunderwerb. Sprengung und Neubau einer Autobahnbrücke sind in Deutschland juristisch und bürokratisch komplizert. Komplizierter als in Italien, wo es nur zwei Jahre dauerte, die Morandi-Brücke in Genua nach dem verheerenden Einsturz im Jahr 2018 wieder aufzubauen.
Den Lüdenscheidern ist aber nicht nur ein schneller Neubau der Brücke wichtig. Sie leiden massiv unter dem Lkw-Verkehr in der Innenstadt und auf der Umleitung. Eine Bürgerinitiative fordert deshalb, dass der Lkw-Transitverkehr durch Lüdenscheid verboten wird.
Auch das ist im ersten Jahr seit der Sperrung noch nicht gelungen. NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst hat aber erklärt, dass ein Durchfahrtverbot für den Schwerlastverkehr kurzfristig möglich ist.