Terrorismusprozess um Gruppe S: Urteil vermutlich noch im November

Stand: 17.11.2023, 10:35 Uhr

Im Prozess um die Gruppe S. sind nun die letzten Plädoyers gehalten worden. Zwei Mindenern und neun weiteren Angeklagten wird vorgeworfen, eine terroristische Vereinigung gegründet zu haben. Am 30. November könnten die Urteile gesprochen werden.

Von Thomas Wöstmann

Die Anklage wirft elf Männern, darunter drei aus Nordrhein-Westfalen, vor, bei einem Treffen im Februar 2020 in Minden eine terroristische Vereinigung gegründet, bzw. unterstützt zu haben.

Bei dem Treffen im Haus von Thomas N. (59) in Minden soll über Anschlagspläne unter anderem auf Moscheen gesprochen worden sein. Initiator des Treffens und Kopf der Gruppe sei Werner S. (57) aus Mickhausen bei Augsburg gewesen, nach ihm ist der Prozess benannt.

Lange Haftstrafe gefordert

Die Polizei war frühzeitig über das geplante Treffen informiert und hörte Telefone der Angeklagten ab; auch das von Thomas N. Seine Gespräche wurden während des Prozesses immer wieder vorgespielt - und offenbarten ein fremdenfeindliches Weltbild und hohe Gewaltbereitschaft.

Die Bundesanwaltschaft hält Thomas N. für eine der wichtigsten Personen in der Gruppe, mit rechtsnationaler Ideologie und staatsfeindlicher Einstellung. Sie fordert eine Haftstrafe von fünf Jahren.

Verteidiger fordern Freisprüche – auch für Thorsten W. aus Hamm

N.'s Verteidiger dagegen plädierten auf Freispruch. Mit bissiger Ironie kritisierten sie vor allem Verfahrensfehler: Wichtige Beweismittel seien im Prozess nicht zur Sprache gekommen.

Das gesamte Verfahren sei ein großes, inszeniertes "Theaterspektakel zum Thema Rechtsextremismus" gewesen, mit dem Generalbundesanwalt als Produzent und dem Vorsitzenden Richter als Regisseur. Die Angeklagten seien als Marionetten auserwählt worden: "Sie spielten die Rolle ihres Lebens, ohne es zu wissen".

Der Mindener Markus K. (38) war durch seinen Bekannten Thomas N. zu dem Treffen gestoßen. Laut Bundesanwaltschaft sei ihm bewusst gewesen, dass sich eine Gruppe gründen wollte, die Waffen für Anschläge einsetzen wolle. Die Anklagevertreter halten für ihn eine dreijährige Haftstrafe für angemessen.

Verteidigung: Keine terroristische Vereinigung gegründet

Auch K.'s Verteidigerinnen forderten dagegen Freispruch. Ihr Mandant sei für die zweieinhalbjährige Untersuchungshaft zu entschädigen. Bei dem Mindener Treffen sei er von den anderen kaum wahrgenommen worden.

Dort sei keine terroristische Vereinigung gegründet worden, man habe "bei Mettbrötchen und Kaffee nur dumm geschwätzt". Der Polizei warfen sie vor, durch ihren eingeschleusten Informanten eine Straftat bewusst provoziert zu haben.

Thorsten W's Verteidigung forderte ebenfalls Freispruch für ihren Mandanten. Ebenso solle er für zwei Jahre und neun Monate U-Haft entschädigt werden. Zwar gebe es bei ihm Belege für eine rechte Gesinnung, eine terroristische Gruppe habe er aber nicht unterstützt, zumal diese Gruppe in Minden gar nicht erst gegründet worden sein.

Was bei diesem Treffen besprochen werden sollte, sei ihm unklar gewesen. Und unmittelbar danach habe er sich distanziert: Er sei raus, das sei ihm zu heftig. W.'s Leben liege in Scherben, so seine Anwälte.

Die Beziehung zu seiner Lebensgefährtin sei zerbrochen, seine berufliche Existenz als Sachbearbeiter bei der Polizei zerstört. Die Bundesanwaltschaft hatte drei Jahre und drei Monate Haft für Thorsten W. gefordert.