Abriss früherer Synagoge: Bundespräsident hofft auf Lösung

Stand: 04.08.2022, 16:11 Uhr

Eine verfallene Synagoge in Detmold droht abgerissen zu werden. Nun äußerte sich Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier zu dem Fall.

Ein verfallenes Fachwerkhaus mit holzverhangenen Fenstern in der Detmolder Innenstadt

Das verfallene Fachwerkhaus diente früher als Synagoge.

Der Streit um eine vom Abriss bedrohte Synagoge in Detmold hat nun auch den Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier erreicht. Steinmeier antwortet damit auf ein Hilfegesuch der Initiative "Omas gegen Rechts", die sich für den Erhalt des Gebäudes einsetzen. Zuvor wurde bereits NRW-Ministerpräsident Wüst aufgefordert, den Eigentümer der Synagoge zu enteignen, um den Abriss zu verhindern.

Hintergrund: Der Eigentümer des Geländes möchte das Bethaus aus dem 17. Jahrhundert abreißen und an gleicher Stelle Parkplätze bauen. Versuche der Stadt, das Gebäude zu kaufen, seien bislang erfolglos geblieben, wie verschiedene Medien berichteten.

Bundespräsident für einen respektvollen Umgang

Der Bundespräsident bedauert den schlechten Zustand des fast vierhundert Jahre alten Gebäudes. Gerade mit dem jüdischen Erbe sollte in Deutschland besonders respektvoll umgegangen werden, schreibt Steinmeier. Er dürfe sich aber nicht in juristische Verfahren einmischen. Derzeit wird der Fall vor Gericht verhandelt, da die Denkmalbehörde den Abriss untersagt hat.

Volker Beck ruft Wüst zum Handeln auf

Vor einiger Zeit beschäftigte der Fall auch die NRW-Landesregierung. Der frühere Grünen-Politiker und Geschäftsführer des "Tikvah Instituts", Volker Beck, hatte in einem Brief ein Einschreiten der Landesregierung gefordert. NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) sollte die oberste Denkmalbehörde anweisen, "alles in ihrer Macht stehende zu tun, um einen Abriss zu verhindern", schrieb Beck in einem dem WDR vorliegenden Brief an Wüst. Außerdem forderte er von Wüst, die Enteignung der Synagoge einzuleiten.

Eigentümer selbst wegen Volksverhetzung verurteilt

Der Eigentümer des Gebäudes ist ein Rechtsanwalt, der mehrere bekannte Rechtsextreme vor Gericht vertreten hat. Im Jahr 2002 war er selbst wegen Volksverhetzung vom Detmolder Landgericht in zweiter Instanz verurteilt worden.

Der Eigentümer, schrieb Beck, wolle allem Anschein nach wegen seiner Sympathien für rechte Ideologien dieses Zeugnis jüdischen Lebens auslöschen. Das dürfe man nicht zulassen, so Beck weiter.

Rechtsanwalt widersprach deutlich

Auf eine Presseanfrage des WDR teilte der Rechtsanwalt schriftlich mit, dass er diese Beschuldigung als "besonders grobe Unverschämtheit" empfinde. Er hätte jahrelang versucht, städtische Fördermittel für den Erhalt der Synagoge zu bekommen. Die Stadt Detmold hätte diese stets verweigert.

Zwar wollte er noch immer den Abriss erreichen, doch hoffte er auch "immer noch auf öffentliche Fördermittel für die Sanierung oder auf die Genehmigung zur Translozierung in ein Freilichtmuseum". Auch diese Idee wäre auf städtischer Seite nicht auf Gehör gestoßen, so der Anwalt in der Stellungnahme.

Denkmalschutz sollte alte Synagoge vor Abriss schützen

Anders sah das Volker Beck. "Das Alter des Baues und seine historische Bedeutung sollte hinreichen, um mit Hilfe des Denkmalschutzes das Gebäude zu erhalten und für eine angemessene Nutzung zu sichern", erklärte der Geschäftsführer des "Tikvah Institutes" in Berlin, das sich mit Antisemitismus beschäftigt.

Das 1633 errichtete Fachwerkhaus diente der jüdischen Gemeinde in Detmold mehr als 100 Jahre als Synagoge und zählt zu den ältesten nachgewiesenen Synagogen in Norddeutschland.

Zukunft der alten Synagoge noch nicht geklärt

Die jüdische Gemeinde hofft auf ein Museum oder eine Begegnungsstätte an dem Ort. Der Eigentümer stehe diesen Plänen offen gegenüber, schrieb er in einem Brief an den Vorsitzenden der jüdischen Gemeinde. Er sei bereit, das Gebäude an die Gemeinde zu vermieten, wenn sie die Sanierungskosten übernimmt. Das sei jedoch Aufgabe des Staates und nicht der jüdischen Gemeinde, so ihr Vorsitzender.

Über dieses Thema berichteten wir am 14.07.2022 und am 04.08.2022 in der Lokalzeit Bielefeld im WDR Fernsehen und in unseren Regionalnachrichten auf WDR 2 zuletzt am 04.08.2022.