Weltwirtschaftsforum: Warum sich die Reichen und Mächtigen in Davos treffen

Stand: 18.01.2023, 18:10 Uhr

Davos - in einem kleinen Schweizer Bergort trifft sich die Elite aus Politik und Wirtschaft. Am Mittwoch auch mit Scholz und Selenskyj. Warum ist das so? Und was ist dran am "Feindbild" Weltwirtschaftsforum?

Von Jörn Seidel

Noch bis Freitag treffen sich im Schweizer Wintersportort Davos Wirtschaftsbosse, Politiker und andere Reiche und Mächtige zum Weltwirtschaftsforum 2023. Am Mittwoch sprachen dort auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj.

Wozu dieses Treffen? Warum ausgerechnet Davos? Und was ist dran am Vorwurf, dass dort die Wirtschaftselite in Hinterzimmern über demokratische Prozesse hinweg auf das Schicksal der Welt großen Einfluss nimmt? Fragen und Antworten.

Was geschieht beim Weltwirtschaftsforum eigentlich?

"Das Forum bringt die führenden Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft, Kultur und anderen Bereichen der Gesellschaft zusammen, um globale, regionale und industrielle Agenden zu gestalten." So beschreibt das Weltwirtschaftsforum sich selbst. Angemeldet haben sich diesmal fast 2.700 Teilnehmerinnen und Teilnehmer - so viele wie noch nie.

Das Weltwirtschaftsforum organisiert nicht nur das gleichnamige jährliche Treffen in Davos. Es ist auch eine Lobby-Organisation mit Sitz in Cologny bei Genf und Standorten in Peking, New York und Tokio.

"Die gut 1.000 Mitgliedsunternehmen zahlen einen Jahresbeitrag von 60.000 Franken", schreibt der Journalist Jürgen Dunsch in seinem 2016 erschienen Buch "Gastgeber der Mächtigen". Hinzu kommt eine Gebühr für die nach Davos reisenden Firmenvertreter - damals lag sie laut Dunsch bei 27.000 Euro. Politiker und Gäste zahlen keine Gebühr.

Das Motto des Treffens 2023 lautet: "Zusammenarbeit in einer fragmentierten Welt". Konkret geht es thematisch unter anderem hierum:

  • Geopolitik - v.a. Russlands Angriffskrieg und mögliche Panzer-Lieferungen an die Ukraine
  • Inflation und drohende Rezession
  • Energie- und Ernährungskrise contra Klimaschutz
  • Arbeitsmarkt und Fachkräftemangel

Warum trifft sich die Elite ausgerechnet in Davos?

Das hat vor allem organisatorische Gründe, die auf die Anfangsphase zurückgehen. Klaus Schwab, Gründer des Weltwirtschaftsforums und mit seinen 84 Jahren immer noch geschäftsführender Vorsitzender, ist zwar gebürtiger Deutscher. Er hat aber zum Teil Schweizer Vorfahren. Davos kennt er aus seiner Kindheit. Als Zehnjähriger habe er dort Skifahren gelernt, erzählte Schwab.

Klaus Schwab, Gründer des Weltwirtschaftsforums | Bildquelle: ap/Markus Schreiber

In der Gründungsphase des Forums war Schwab Wirtschaftsprofessor am Centre d'Etudes Industrielles in Genf und sollte für dessen Jubiläum 1971 eine Veranstaltung organisieren. Seine Idee: ein internationales Manager-Treffen, das European Management Symposium, so hieß das Weltwirtschaftsforum dann noch bis 1987.

Die auf 1.560 Metern mitten in den Alpen gelegene Gemeinde Davos wurde auch deshalb Veranstaltungsort, weil dort kurz vorher das Kongresszentrum eröffnete und der Ort über ausreichend Hotelkapazitäten verfügte.

Geschätzt wird an Davos als Veranstaltungsort des Weltwirtschaftsforums aber auch seine abgeschiedene Lage. Außerdem liegt die rund 11.000 Einwohner zählende Gemeinde mitten in der Schweiz, die als neutrales Land gilt.

Feindbild Weltwirtschaftsforum: Ist das gerechtfertigt?

In Davos spricht die wirtschaftliche und politische Elite der Welt nicht nur in großen Podiumsdiskussionen miteinander, sondern vor allem auch im sogenannten Hinterzimmer, sprich im kleinen Kreis. Werden auf diese Weise demokratische Prozesse umgangen? Entscheiden in Davos zugespitzt "die da oben" über das Schicksal "von uns hier unten"?

"Es ist wichtig, zwischen Verschwörungsideologien und Kritik zu unterscheiden." Jan Rathje, Politikwissenschaftler
Jan Rathje, Politikwissenschaftler | Bildquelle: WDR

Kritik an den Herrschenden und Mächtigen sei wichtig für liberale Demokratien, sagte Politikwissenschaftler Jan Rathje vom Center für Monitoring, Analyse und Strategie, das Radikalisierungstendenzen und Verschwörungserzählungen im Netz untersucht. Sie dürfe aber die Komplexität von Ereignissen nicht so weit reduzieren, dass es sich nur um eine Verschwörung von Eliten handeln könne.

Der Einfluss des Weltwirtschaftsforums auf konkrete politische Entscheidungen "mag sicherlich groß sein", sagte Rathje am Montag dem WDR. Es sei aber nicht so, "wie Verschwörungsideologen sich die Welt vorstellen". "Es ist nicht so, dass dort einfach nur grob manipuliert wird, sondern dass dort Interessen in einem Wettstreit miteinander stehen." Das sei "ein sehr komplexer Prozess", den man allerdings "durchaus auch kritisch begleiten sollte".