Egal, ob in NRW oder anderswo: Die Wohnungsnot in den Metropolen ist groß. Für dieses Problem gibt es aus Sicht des Städte- und Gemeindebundes eine Lösung: Raus aus den Städten und für sich und die Familie ein Zuhause in einer ländlichen Region suchen. Es werde kaum beachtet, dass "über 1,3 Millionen marktfähige Wohnungen, insbesondere in ländlichen Regionen, leer stehen", sagte Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg der Funke Mediengruppe.
"Es wäre deshalb sinnvoll, diese Regionen mit guten Verkehrsverbindungen, etwa durch neue oder reaktivierte Bahnstrecken, besser zu erschließen, damit die Menschen dort gut und preiswert wohnen und leben können." Die Arbeit im Homeoffice schaffe hier neue Möglichkeiten.
Wenig begeistert von dem Vorschlag des Städte- und Gemeindebundes zeigt sich der Dortmunder Stadtentwicklungsexperte Prof. Stefan Siedentop. Dem WDR sagte er:
Und auch halte der Vorschlag einem Realitätscheck nicht stand.
Der Stadtflucht-Vorschlag im Check:
Homeoffice: "Deutlich weniger als die Hälfte aller Arbeitsplätze ist homeoffice-tauglich", erklärte Siedentop, der Wissenschaftlicher Direktor des Instituts für Landes- und Stadtentwicklungsforschung ist. Wer etwa im Einzelhandel oder in einem Handwerksberuf tätig ist, könne nicht von zu Hause aus arbeiten.
Übrigens: Selbst im Corona-Jahr 2021 haben in NRW rund 6,5 Millionen der insgesamt 8,6 Millionen Erwerbstätigen nicht im Homeoffice gearbeitet. Das belegen Zahlen des Statistischen Landesamtes.
Der Hamburger Karrierecoach Volker Klärchen hält den Vorschlag, aufs Land zu ziehen und aus dem Homeoffice zu arbeiten, zwar für interessant. Wenn man an der Corona-Pandemie überhaupt etwas Gutes sehen möchte, dann doch das: In Sachen Homeoffice sind manche Firmen verblüffend schnell von "das geht bei uns nicht" zu "wir machen das jetzt auch" gewechselt, sagte Klärchen dem WDR.
Dagegen stehe natürlich der immer noch schleppende Breitbandausbau, der vor allem die ländlichen Regionen betrifft. "Wer möchte schon als verpixeltes, hakeliges Bild in der Teambesprechung auftreten?" so Klärchen.
Breitbandausbau/Kabel: In Sachen Breitbandausbau/Kabel hat sich zwar in den vergangenen Jahren viel getan - aber in den Kommunen in NRW unterschiedlich viel bzw. wenig. "Es gibt zum Teil immer noch Funklöcher auf dem Land", so Siedentop.
In Sachen Breitbandausbau schneidet Deutschland laut OECD im internationalen Ländervergleich nicht sonderlich gut ab - und landet gerade mal auf Platz 34, was den Anteil von Glasfaseranschlüssen an allen stationären Breitbandanschlüssen betrifft.
Verkehrsanbindung: Der Städte- und Gemeindebund wirbt zwar für mehr Bahnstrecken zwischen ländlichen Regionen und Städten. Doch damit für auf dem Land lebende Menschen das Pendeln tatsächlich preiswert wäre, müssten auch sehr viele Haltestellen geschaffen werden.
Ansonsten müssten sie, um zu einer Haltestelle zu gelangen, ein anderes Verkehrsmittel wie etwa Auto, Bus oder Taxi nutzen. Aber gerade auch in ländlichen Regionen sind viel zu wenige Busse unterwegs. Letztendlich würden viele, die auf dem Land leben, mit dem Auto in die Stadt fahren. "Das wiederum konterkariert ein Stück weit die Bemühungen, klimaschädliches CO2 einzusparen", so Siedentop.
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Kitas und Schulen: Bei einem stärkeren Zuzug von Familien aufs Land müssten dort auch mehr Schulen und Kitas geschaffen werden. "Das würde die zuständigen Kommunen vielfach vor Problemen stellen, weil dafür die Mittel fehlen", sagte Siedentop. Zudem gibt es gerade in Kitas einen Fachkräftemangel.