Bei der Abstimmung über die Vertrauensfrage stimmten 207 Abgeordnete für Scholz, 394 gegen ihn und 116 enthielten sich, wie Bundestagspräsidentin Bärbel Bas bekanntgab. Der Kanzler verfehlte damit, wie beabsichtigt, die notwendige Mehrheit von mindestens 367 Stimmen deutlich.
Es wird erwartet, dass Olaf Scholz noch heute Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier vorschlagen wird, den Bundestag aufzulösen. Folgt Steinmeier diesem Vorschlag, könnte am 23. Februar 2025 ein neuer Bundestag gewählt werden.
Scholz hatte nach dem Bruch der Ampel-Koalition am 6. November Neuwahlen in Aussicht gestellt. Er regiert nach dem Ausscheiden der FDP derzeit mit einer rot-grünen Minderheitskoalition.
In Nordrhein-Westfalen, wo seit zweieinhalb Jahren eine schwarz-grüne Koalition unter Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) regiert, reagierten die Parteien unterschiedlich auf das Ergebnis der Vertrauensfrage in Berlin.
CDU fordert Klarheit in der Energiepolitik
Die CDU-Fraktion im NRW-Landtag teilte am Montag in Düsseldorf mit, sie erwarte von einer künftigen Bundesregierung Antworten auf drängende Fragen, etwa im Bereich der Energiepolitik. Die von der Ampelregierung vorgesehenen Kraftwerkskapazitäten reichten nicht aus und es werde mit jedem Tag unrealistischer, dass diese Kraftwerke im Jahr 2030, dem bisher geplanten Jahr des Kohleausstiegs, zur Verfügung stünden.
Sollte die Rest-Ampel tatsächlich noch vor der Bundestagswahl das Kraftwerkssicherheitsgesetz im Bundestag zur Abstimmung vorlegen, kann sie wohl nicht mit den Stimmen der CDU rechnen. Kanzlerkandidat Merz hatte bereits angekündigt, er wolle die Energiepolitik völlig neu aufstellen.
Altenschulden-Regelung noch vor der Bundestagswahl?
Die SPD in NRW rechnet damit, dass das Thema der kommunalen Altschulden noch vor der Wahl in den Bundestag kommt. Von hoher Verschuldung ist etwa Hälfte der Kommunen in NRW stark betroffen. Bundeskanzler Olaf Scholz hatte Ende November bei einem Besuch in Bochum angekündigt, er werde noch einen Gesetzentwurf vorlegen.
NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) hatte im Juni vorgeschlagen, die Schulden zwischen Land und Bund aufzuteilen: Das Land NRW wolle knapp 10 Milliarden dieser Schulden übernehmen, der Bund solle die andere Hälfte tragen. Für dieses Vorhaben müsste allerdings noch das Grundgesetz geändert werden. Dafür braucht es eine Zweidrittelmehrheit, die mit den Stimmen der CDU möglich wäre. Der Ausgang einer Abstimmung im Bundestag ist allerdings sehr ungewiss. Das betrifft auch den Bundesrat, weil viele Bundesländer mit weniger verschuldeten Kommunen nicht einsehen, warum sie für die Altschulden von Gelsenkirchen oder Wuppertal aufkommen sollen.
Auf eine schnelle Lösung der Altschuldenfrage hoffen auch die Grünen im NRW-Landtag, so deren Fraktionsvorsitzende Wibke Brems. Unter einer neuen Bundesregierung mit grüner Beteiligung solle es auch ein Update der bisher starren Schuldenbremse geben.
FDP: Chance für den Wirtschaftsstandort NRW
Henning Höne, Fraktionschef der FDP im Landtag sagte, die Wahl im Bund biete "die Chance auf eine wirtschaftspolitische Wende, die die Agenda-Reformen in den Schatten stellt". Eine solche Neuausrichtung würde auch eine optimistische Zukunftsperspektive für den Wirtschaftsstandort NRW schaffen.
Mit Blick auf die schwarz-grüne Regierung in NRW sagte Höne, sie könne künftig nicht mehr die Verantwortung für eigenes Regierungshandeln ablehnen und stattdessen mit dem Finger nach Berlin zeigen. Sollte es zu einer CDU-geführten Bundesregierung kommen, "wird diese Ausweichstrategie nicht mehr funktionieren."
Unsere Quellen:
- Bundestagspräsidentin Bärbel Bas
- Nachrichtenagentur dpa
- Stellungnahme der CDU-Landtagsfraktion
- Statement von SPD-Landtagsfraktionschef Jochen Ott
- Statement von FDP-Landtagsfraktionschef Henning Höne
- Statement von Wibke Brems, Grünen-Fraktionschefin im NRW-Landtag
Über dieses Thema berichten wir am 16.12.2024 auch im WDR Hörfunk: WDR 5 Nachrichten, ab 17 Uhr.