Immerhin 20 Prozent aller Grundschulkinder in NRW können nicht schwimmen - doppelt so viele, wie noch vor fünf Jahren. Eine Ursache: Die Pandemie. Während der Corona-Zeit blieben Hallenschwimmbäder in NRW zwei Jahre lang geschlossen. Dadurch sei eine große Lücke entstanden, sagen Experten.
Hinzu kommt die finanzielle Schieflage vieler Kommunen. Aus Spargründen machten in den vergangenen Jahren etliche öffentliche Bäder in NRW endgültig dicht. In manchen Kommunen steht Schwimmen im Sportunterricht gar nicht erst auf dem Plan.
Von 69 Drittklässlern, die sie im vergangenen Jahr unterrichtet hat, hätten 61 nicht schwimmen können, berichtete Schwimmlehrerin Katja Salz-Bannier im WDR Radio. "Das ist tatsächlich schwierig geworden in den letzten Jahren."
Schwimmbadbesuch vielerorts ein teurer Spaß
Laut DLRG haben nur 13 Prozent aller Schulkinder das Schwimmen in der Schule gelernt, 42 Prozent dagegen von den Eltern. Ob ein Kind gut und früh schwimmen lernt oder nicht, ist offenbar auch vom sozialen Status abhängig. Ein Schwimmbadbesuch kostet beispielsweise in Köln bis zu sechs Euro pro Person, in sogenannten Spaßbädern liegt der Preis oft noch darüber - für Eltern mit Kindern schnell ein teures Vergnügen.
Untersuchungen ergaben, dass in Haushalten mit einem monatlichen Nettoeinkommen unter 2.500 Euro knapp die Hälfte der Kinder nicht schwimmen kann. Liegt das Haushalts- Nettoeinkommen über 4.000 Euro, sind es nur 12 Prozent.
Privat bezahlte Schwimmkurse seien oft schnell ausgebucht - mit langen Wartelisten - und ebenfalls für viele kaum bezahlbar, sagt Schwimmlehrerin Salz-Bannier. Außerdem seien viele Bäder inzwischen zu teuren Spaßbädern umgebaut.
Kurse vom Land gefördert
Ein Grund, weshalb das Land NRW die Förderung für das Ferienprogramm "NRW kann schwimmen! Schwimmen lernen in den Schulferien in NRW!“ gerade bis 2028 verlängert und auf 1,8 Millionen Euro aufgestockt hat. In den angelaufenen Osterferien 2024 finden nach Angaben des Schulministeriums 274 Kurse an 29 Standorten statt. Bei maximal 12 Teilnehmern pro Kurs bekommen so immerhin knapp 3.290 Kinder in NRW Schwimmunterricht.
Das Programm habe sich "bewährt", sagte NRW-Schulministerin Dorothee Feller (CDU), die am Mittwoch einen Ferienschwimmkurs in Münster besuchte. Pro Kurs würden jetzt 450 Euro bezuschusst, wodurch der Eigenanteil pro Kind nur zehn Euro betrage. Bis sieben Wochen vor Ferienbeginn konnten sich Kinder bis elf Jahren bewerben.
"Gefahrensituationen besser einschätzen"
Es geht vor allem um Sicherheit: Jedes Jahr im Sommer ertrinken Menschen - 47 starben 2023 in Seen oder Flüssen NRWs. Das waren immerhin neun Menschen weniger als im Jahr davor - dennoch zu viel. "Kinder, die sicher schwimmen können, sind selbstbewusster und sicherer im Umgang mit dem nassen Element", sagt Michael Stock, Geschäftsführer der Unfallkasse NRW. "Sie sind in der Lage, Gefahrensituationen besser einzuschätzen und so Unfälle zu vermeiden."
Eltern überschätzen ihre Kinder oft
Die DLRG weist noch auf einen anderen Punkt hin: Viele Eltern würden die Schwimmfähigkeiten ihrer Kinder überschätzen. Allein das Seepferdchen-Abzeichen bescheinige noch nicht, dass ein Kind sicher schwimmen könne. "Diese Kinder können sich oft gerade mal 25 Meter weit über Wasser halten", sagt Schwimmlehrerin Salz-Bannier. Frühstens das Bronze-Abzeichen sei da ein Anhaltswert: "Da muss man 15 Minuten durchschwimmen. Erst dann hat ein Kind eine gewisse Wassersicherheit."
Schwimmcontainer touren durch NRW
Eine Maßnahme, mehr Kinder ins Wasser zu bekommen, sind auch die sogenannten Schwimmcontainer - zu Pools umgebaute ehemalige Seefrachtcontainer. Fünf Stück will die Landesregierung in den nächsten Jahren an den Start bringen - einen für jeden Regierungsbezirk. Die mobilen Schwimmbäder sollen zwei Jahre lang durch die Kommunen touren. Allerdings läuft das Programm zäh an: Im vergangenen Oktober startete der erste Container, im März wurde der zweite in Düsseldorf in Betrieb genommen.
Quellen:
- DLRG
- Schulministerium NRW
- WDR-Reporter vor Ort