Zwei Jugendliche sollen einen Anschlag auf einen Weihnachtsmarkt in Leverkusen geplant haben. Die beiden 15 und 16 Jahre alten Jungen sitzen mittlerweile in Nordrhein-Westfalen und Brandenburg in Untersuchungshaft. "Es wirkte sehr konkret", erklärte am Mittwoch NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU). Der entscheidende Hinweis sei aus dem Ausland gekommen.
Dass ausländische Geheimdienste den deutschen Behörden in Fragen der Terrorabwehr Amtshilfe leisten, ist dabei nichts Ungewöhnliches. Bereits im Januar hatten die Polizei in Castrop-Rauxel zwei Iraner festgenommen, die nach Überzeugung der Fahnder einen islamistisch motivierten Giftanschlag geplant hatten. Auch hier kam der entscheidende Tipp aus den USA. US-Geheimdienste sind bei der Überwachung von verdächtigen Online-Aktivitäten auf der ganzen Welt führend.
Nach den Anschlägen vom 11. September 2001 war die Beobachtung stark ausgeweitet worden - ohne Rücksicht auf den Datenschutz. Telefongesellschaften und Internetprovider müssen den US-Behörden auf Antrag ihre Daten offenlegen. Auch die rechtlichen Hürden für das Abhören von Telefongesprächen sind viel niedriger als in Deutschland und Europa.
Auswertung von Telekommunikation "Schlüssel zum Erfolg"
Die Auswertung verdächtiger Telekommunikation sei der "Schlüssel zum polizeilichen Erfolg", meint auch Jochen Kopelke, Bundesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei (GdP). Leider seien der Polizei und den deutschen Geheimdiensten noch zu oft die Hände gebunden - die sehr strengen Datenschutz-Regeln verhinderten eine engmaschige und präventive Überwachung von Personen.
Kopelke nennt ein Beispiel: "Wir haben eine föderale Sicherheitsarchitektur. Und 16 Landespolizeigesetze. Und nicht in allen ist die präventiv-polizeiliche Telekommunikationsüberwachung drin. Die wäre aber in der Terrorabwehr sehr wertvoll." Er spielt damit auf die 2005 geänderten Landespolizeigesetze von Bayern, Thüringen, Niedersachsen, Hessen, Rheinland-Pfalz und Mecklenburg-Vorpommern an. Dort darf die Polizei den Telefon- und E-Mail-Verkehr von Menschen abhören, auch wenn sie keiner Straftat verdächtigt werden.
Angesichts der neuen Bedrohungslage rechnet Kopelke aber damit, dass nun wieder Bewegung in die festgefahrene Diskussion kommt. Bei der Innenministerkonferenz in der kommenden Woche werde das Thema sicherlich auf den Tisch kommen. Es sei "völlig unverständlich", meint er, dass die Politik ihre rechtlichen Möglichkeiten nicht in allen Bundesländern ausschöpfe.
Terror-Experte: Internationale Zusammenarbeit funktioniert
Hingegen sieht Terrorismus-Experte Hans-Jakob Schindler vom Counter Extremism Project (CEP) die Amtshilfe ausländischer Dienste für die deutschen Strafverfolger grundsätzlich positiv. "Das zeigt, dass das internationale Gerüst, das in den letzten 20 Jahren aufgebaut wurde, um internationale Terrorismusabwehr zu betreiben, gut funktioniert."
Im Gegensatz zu früheren Jahren habe man es inzwischen sehr oft mit Einzeltätern zu tun, die keiner terroristischen Gruppe klar zuzuordnen seien. Das erschwere die Fahndung sehr. Und es sei noch schwieriger, potenzielle Täter von jenen zu unterscheiden, die in Sozialen Netzwerken nur radikales "Gerede" von sich geben. Auch wenn die deutschen Behörden mehr Freiheiten bei der Überwachung hätten, hätten sie wohl nicht die technischen und personellen Kapazitäten, um ähnlich gute Informationen zu beschaffen wie die US-Kollegen.
Gesucht: Balance zwischen Sicherheit und Datenschutz
Es gelte nun, eine "Balance zwischen öffentlicher Sicherheit und Persönlichkeitsrechten zu finden", fordert Schindler. Ob es bald dazu kommt, sei aber nicht klar. Es gebe in der deutschen Politik noch erhebliche ideologische Vorbehalte gegen eine Einschränkung des Datenschutzes. Deutschland stehe damit in der westlichen Welt nahezu alleine da. "In anderen Ländern wird der Sinn, Zweck und die Notwendigkeit solcher staatlicher Eingriffe sehr viel klarer in der Öffentlichkeit gesehen als hier."
Unsere Quellen:
- WDR-Interviews mit Hans-Jakob Schindler und Jochen Kopelke