In einer Moschee der deutsch-türkischen Ditib in Köln hat am Donnerstag ein afghanischer Funktionär der militant-islamistischen Taliban eine Rede gehalten. Darin sprach er von angeblichen Erfolgen der Taliban-Regierung in Afghanistan und mahnte seine Zuhörer, kritischen Medien zu misstrauen.
Videos von Kölner Taliban-Rede
Ein Taliban-Sprecher veröffentlichte von der Veranstaltung auf der Plattform X zwei Bilder. In den Kommentaren darunter und anderswo in sozialen Medien kursieren Videos von der Veranstaltung. Auch die in London beheimatete Online-Plattform Afghanistan International veröffentlichte bei Instagram ein Video von der Kölner Veranstaltung.
Auf den Bildern und Videos zu sehen ist Abdul Bari Omar, bekannt als Direktor der Nationalen Lebensmittel- und Arzneimittelbehörde der Taliban, der vor etwa 70 Zuhörern spricht. Seine Rede hält er in Paschtu, eine der zwei Amtssprachen in Afghanistan.
Werbung für das Taliban-Regime in Afghanistan
Darin wirbt er für die Taliban-Regierung in Afghanistan, die vor zwei Jahren die Macht in dem Land zurückeroberte und seitdem große Teile der Bevölkerung unterdrückt. Vor allem Frauen haben unter den Taliban kaum noch Rechte. Unter anderem sagte Omar:
Omar betonte in seiner Rede, dass es den Taliban in Afghanistan gelinge, ohne finanzielle Hilfe aus dem Ausland erfolgreich Projekte umzusetzen und das Land gut zu kontrollieren. Statt einer kritischen Berichterstattung über sein Land Glauben zu schenken, solle man Afghanistan besuchen und sich vor Ort selbst ein Bild der Lage machen.
Ditib-Verein distanziert sich von der Veranstaltung
Die Ditib Chorweiler bestätigte kurz nach einer Anfrage des WDR per Pressemitteilung, dass es am Donnerstagabend zu einer "politischen Veranstaltung" in ihren Räumlichkeiten gekommen sei - und distanzierte sich zugleich davon. Veranstalter sei der Afghanische Kulturverein Köln Meschenich e. V. gewesen.
Dieser habe dem Moschee-Verein vorab schriftlich zugesichert, dass es sich um eine religiöse Veranstaltung handeln werde und nicht um eine politische.
Dem afghanischen Kulturverein erteile man daher Hausverbot, erklärte die Ditib Chorweiler weiter.
Der Moschee-Verein gehört zum ebenfalls in Köln beheimateten, deutschlandweit aktiven Ditib-Verband, der Türkisch-Islamischen Union der Anstalt für Religion, die eng mit dem türkischen Staat verbunden ist.
Auswärtiges Amt verurteilt Taliban-Auftritt
Am Freitagabend reagierte auch das Auswärtige Amt auf die Rede: "Wir verurteilen den Auftritt des Taliban-Vertreters Abdul Bari Omar in Köln auf das Schärfste." Die Reise sei dem Auswärtigen Amt nicht angekündigt worden. Auch sei Omar vor seiner Einreise kein Visum erteilt worden. "Wir prüfen in engem Austausch mit den Innenbehörden und Partnern weitere Maßnahmen."
Möglicherweise ist Omar mit einem niederländischen Visum in die EU eingereist. Jedenfalls nahm er in der zweiten Novemberwoche an einer Tagung der Weltgesundheitsorganisation in Den Haag teil.
Über dieses Thema berichtet am 17.11.2023 auch die "Aktuelle Stunde" im WDR Fernsehen.
Unsere Quellen:
- X-Post eines Taliban-Sprechers
- Recherchen vor Ort an der Moschee in Köln-Chorweiler
- Pressemitteilung der Ditib Chorweiler
- Berichte des Online-Mediums "Afghanistan International"
- Video-Mitschnitte in sozialen Medien
- Nachrichtenagentur dpa