Synodaler Weg: Familie Norpoth will die Kirche retten

Katharina Norpoth aus Gelsenkirchen und ihr Vater Johannes engagieren sich beim Synodalen Weg, dem Reformprozess der katholischen Kirche. Sie kennt moderne Kirche aus der Jugendarbeit. Er ist Missbrauchs-Betroffener.

Von Christina Zühlke

Johannes Norpoth läuft über die Kölner Domplatte. Ein hellroter Schal schützt ihn vor der Kälte. Er ist auf dem Weg zum katholischen Domradio. Dort soll er seine Geschichte erzählen, die, wie so viele, von Missbrauch durch Priester handelt - und von Verantwortlichen, die Kinder nicht schützten, obwohl sie gekonnt hätten.

"Er hatte bereits Taten begangen"

Johannes Norpoth | Bildquelle: WDR

"Der Täter ist in meine Heimatgemeinde versetzt worden, obwohl der Bistumsleitung klar war, dass er an seinem vorherigen Einsatzort bereits zwei Taten begangen hatte", sagt Norpoth über das, was er als Kind erlebte. Sein Fall ist auch Teil der Missbrauchsstudie im Bistum Essen.

Dass der erwachsene Johannes Norpoth sich trotzdem weiter in der Kirche engagiert, das sei ein bisschen schizophren, sagt er selbst. Aber er fühle eine Verantwortung, beispielsweise bei der Synodalversammlung, die Sicht der Betroffenen immer wieder in den Fokus zu rücken: "Auch wenn ich Missbrauchsopfer bin, der liebe Gott hat mir meine Sprachfähigkeit erhalten", sagt der Soziologe und Sprecher vom Betroffenen-Beirat der Bischofskonferenz. Viele andere Betroffene seien nach den Taten verstummt.

Es geht um Respekt

Katharina Norpoth | Bildquelle: WDR

Dass sie ihre Stimme erheben muss, wenn sie etwas ändern will, das hat seine Tochter Katharina früh gelernt. Die 31-Jährige war fünf Jahre lang Bundesvorsitzende der katholischen Jugend in Deutschland. Schon im September 2022 leitete sie als eine Moderatorin die 4. Synodalversammlung mit über 200 Teilnehmerinnen und Teilnehmern.

"Ich habe vor niemandem Angst", verrät die Gelsenkirchenerin mit einem Schmunzeln. "Aber vor allen Respekt." Genau diesen Respekt und das Gespräch, das daraus entsteht, vermisst sie beim Synodalen Weg manchmal, sagt sie. Dass manche Bischöfe an den Texten nicht mitarbeiten, aber dann dagegen stimmen, sei verletzend.

Kann die Kirche sich reformieren?

Genau diese Texte sind das zentrale Element des Reform-Versuchs: Sie handeln von einer katholischen Sexualmoral, die nicht mehr von vorgestern sein soll. Von Frauen, die vielleicht irgendwann Priesterin werden dürfen. Von Priestern, die heiraten dürfen und Bischöfen, die ihre Macht teilen.

Viele hundert Stunden wurde an den Texten geschrieben, bei der Versammlung werden sie diskutiert und es wird über sie abgestimmt. Arbeit, die die meisten, wie die Norpoths, ehrenamtlich machen.

Katharina Norpoth (Mitte) in Gesprächen auf der vergangenen Synodalversammlung des Synodalen Wegs im September 2022. | Bildquelle: Synodaler Weg / Maximilian von Lachner

"Krampfhaftes Festhalten an der Macht"

Johannes Norpoth wird angesichts des Verhaltens einzelner Bischöfe dann auch deutlich. Wissenschaftliche Erkenntnisse zu Missbrauch in der Kirche würden immer noch nicht von allen anerkannt, sagt er dem WDR: "Einige Bischöfe verleugnen die Wahrheit. Sie wollen in ihrem klerikalen Luftschloss weiterexistieren. Fernab jeder Realität."

Dass der Papst und einige Kardinäle aus Rom immer wieder versuchten, den deutschen Reformprozess auszubremsen, ärgert ihn ebenfalls.

Bei der Synodalversammlung im September 2022 stimmten 164 der 212 Teilnehmer für einen Text, der mehr Gewaltenteilung in der Kirche fordert. Auch bei der jetzigen Versammlung steht das Thema wieder auf der Tagesordnung. Katharina Norpoth wird dann vorne sitzen und moderieren. Johannes Norpoth sitzt bei den Beobachtern. Wenn es nötig wird, können sie sich in der Kaffeepause gegenseitig Mut machen.

Über dieses Thema berichtet der WDR am 09.03.23 unter anderem auf WDR 5 und im WDR Fernsehen.